Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Emőke Lackovits: Merkmale der Wohnkultur in ungarischen Dörfern am Neusiedler See vom 18. Jahrhundert bis 1960

MERKMALE DER WOHNKULTUR IN UNGARISCHEN DÖRFERN AM NEUSIEDLER SEE VOM 18. JAHRHUNDERT BIS 1960 In den vier ungarischen Dörfern am Neusiedler See — Fertőszéplak, Sarrod, Süttör, Fertőendréd — lebt in der Mehrheit eine römisch-katholische und (trotz der kroati­schen Einwanderung im 16.—17. Jh.) ungarischstäm­mige Bevölkerung. Gutsherr war der jeweilige Fürst Esterházy. Gegen Ende des 17. Jh. war Fertőszéplak die größte Siedlung am Neusiedler See. Die Hauptbeschäftigung der Bevölkerung bestand aus Ackerbau und Viehzucht. Reich an Schilf, war Sarrod durch Mattenflechten gekennzeichnet, während in Süttör seit dem 18. Jh. der Ackerbau die Hauptrolle spielte. Dasselbe galt auch für Fertőendréd, wo sich zu all dem auch eine ausgedehnte Viehzucht ge­sellte (Drinóczy 1830—1847; Fényes 1836). Die Kriegskonjunktur, die infolge der Türkenkriege, des Fünfzehnjährigen Krieges sowie, im 18. Jh., des Erbfolge­krieges, und des Siebenjährigen Krieges, hatte eine wirt­schaftlich positive Auswirkung auf das Gebiet, da dadurch die Warenproduktiont ermöglicht wurde (Hoffmann 1972). Die wirtschaftliche Prosperität bewirkte auch in der Haus­und Wohnungskultur einen merklichen Fortschritt. Der Aufschwung der Viehhaltung gegen Mitte des 19. Jh. ergab eine Umgestaltung, die bis zu den 1920—30-er Jahren praktisch unverändert blieb. Eine einschneidende Um­wälzung fand in den Jahren nach der Kollektivierung statt, die auch der für die traditionelle Bauerngesellschaft bezeichnenden Haus- und Wohnungskultur ein Ende bereitete. Zwei der vier Siedlungen — Fertőszéplak und Sarrod — haben eine mittelalterliche, Y-förmige Struktur, während die Häuser von Süttör und Fertőendréd entlang einer ein­zigen Hauptstraße stehen. Auffallend ist die Bebauung ähnlich wie bei Sägezähnen, die in Fertőszéplak am ein­heitlichsten erhalten blieb: Die Giebelmauer des Hauses schließt mit der Grundstückgrenze einen geraden, mit der Straßenachse einen spitzen Winkel. In chronologischer Reihenfolge sind die Wohnhäuser in folgende Typen einzureihen: I. Mauern aus gestampften Lehm, Schilfdach mit stump­fem Schopf, Brettergiebel, Hoffassade mit Traufe. Wohn­­raum: Stube — Küche — Kammer — Stall. II. In den Jahren 1865—75 aus Ziegeln gebaute Häuser in zwei verschiedenen Einteilungen: a. Stube — Küche — Stube — Kammer — Stall, b. Stube — Küche — Kammer — Stall. Diese Wohnhäuser sind am reichsten mit dekorativen Elementen ausgestattet. Die Flur mit Eingangsarkade stützt sich an der Straßenseite auf einen Eckpfeiler. Vor der Hoffassade erstreckt sich ebenfalls eine Flur, vieleckig oder auf Pfeiler gestützt; verschiedene Varianten sind hierbei zu beobachten: mit Gewölbe oder in Korblinie, Ballustrade mit Pfeiler oder Säulen. Die Giebelwand ist durch Fenster mit Mörtelstreifen sowie durch Nischen für Standbilder aufgegliedert. Die Ställe sind gewölbt. III. In der Mehrheit in der Zwischenkriegszeit gebaute Wohnhäuser mit L-förmigem Grundriß, 3—4 Räumen und Wänden aus Ziegelsteinen. IV. Nach 1958 massenhaft errichtete Wohnhäuser mit quadratischem Grundriß und Zeltdach. Die Wohnungskultur der Dörfer am Neusiedler See wurde in drei Perioden untersucht: 1770—1860, vor allem an Hand von Archivmaterial und archäologischen Er­gebnissen; 1860—1920/30, aufgrund von gegenständlichem und rezentem Material, ergänzt durch Archivforschungen; 1960er Jahre, aufgrund von rezentem Material. Unter den Wohnhäusern der ersten Periode ist der I. Typ am stärksten vertreten, mit Varianten mit einer oder zwei Stuben. Gewöhnlich war schon damals die Vorderstube prunkvoller ausgestattet als die Hinterstube. Aufgrund der Inventare kennen wir die damaligen Mö­bel nur aus Aufzählungen, über ihre Dekoration und ihren Gebrauch wissen wir jedoch kaum etwas. Auch die Gegen­stände zur Wohnungsdekoration waren recht zahlreich — auf ihren Verwendung konnten wir aus rezenten Angaben schließen. In jedem untersuchten Inventar fanden wir die Truhe, den Tisch, Stizmöbel, Kleiderstangen, gezimmerte Kisten, verschiedene Bänke und Regale, sodann seit Beginn des 19. Jh. verschiedene Schränke, Stühle und schließlich das Bett.f1) 149

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