Lukács László (szerk.): Märkte und Warenaustausch im Pannonischen Raum - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 28. (Székesfehérvár, 1988)
Milovan Gavazzi: Zu einigen Problemen der Volkskulturforschung im Pannonischen Raum
lieferungsgut eingegliedert haben. Als ein Beispiel dafür sei die Herstellung und Verwendung der Backglocken erwähnt, solange es hier offene Herde gab, um unter der sehr stark erhitzten Backglocke Brot oder andere Speisen zu backen. Die dabei entlehnten und beibehaltenen Namen dieses Backgerätes (z. B. ung. cserepu(l)ya aus dem südslav. crepulga u. ä. oder versnyeg aus vrsnik u. ä.) sind sprachliche Zeugnisse dieses Prozesses bei den südpannonischen Ungarn.(15) Derartige Fälle sind aber von denjenigen zu trennen, bei denen es sich um weit ältere, altslavische Überlieferungen handelt, die von den aus dem Norden nach Südosteuropa eindringenden alten Slaven im frühem Mittelalter hierher mitgebracht wurden und von der altansässigen Bauernbevölkerung dieses Raumes aufgenommen und in ihr Kulturerbe eingebaut wurden - Elemente, die in Fachkreisen teils als einwandfrei erweisen, teils nur als vermutlich slavisch bekannt sind. Es lässt sich besonders eindrücklich zeigen, wie sich dieser Einbruch in einer breiteren Zone Westpannoniens abspielte und welche Folgen derselbe hinterliess: Ein bedeutendender slavischer Menschenstrom vermutlich aus der Südwestslowakei stammend, durchzog diese westlichen Zone Pannoniens gegen Süden nach dem (heutigen) kajkavischen Kroatien und nach (Ost) slovenien (vermutlich nicht später als das 10. Jahrhundert). Daran nahm eine Bevölkerung eigenartiger westslavisch-südslavischer (slowakisch-kroatisch-kajkavischerslovenischer) Prägung Teil. Dies geht klar hervor sowohl aus der sprachlichen als auch aus der volkskulturellen Analyse des (rezenten) Sprachschatzes und des Kulturbestandes der Bevölkerung dieser Zone, besonders in der Südwestslowakei auf der einen und in Westkroatien und den benachbarten Ostslovenien auf der anderen Seite. Es genügt hier nur einige diesbezügliche Tatsachen hervorzuheben: Auf diesen Siedlungsstrom weist einerseits schon die z. T. ganz eigenartigeToponymie hin, die sonst bei den Slaven (besonders bei den übrigen Südslaven) nicht vorkommt. (16) Eine Reihe wichtiger spezifischer Dialektwörter kommen da hinzu, Wörter, die teils auch bei den übrigen Westslaven (ausser den in Frage stehenden Slowaken besonders bei den Tschechen) Vorkommen, bei den übrigen Südslaven aber nicht bekannt sind. Es lassen sich unter den üoerlieferungen der Vclkskultur bestimmte Elemente hervorheben, die als Zeugnisse dieses slavischen westpannonischen Nord-Süd-Stromes erwähnt werden müssen: So etwa im Bereich des Volksglaubens die Gestalt des unter dem gleichlautenden Namen rarasek - raräsek vorkommenden Dämons, der in einer Art Umzug der Verlobten eine Rolle spielt, um von den Verwandten und Freunden im Dorf die Zustimmung zur geplanten Eheschliessung zu bekommen und dabei auch Gaben für den künftigen Haushalt einzusammeln (mit der eigenartigen Bezeichnung dafür iti po pitanju - choditi po pytani); weiters vermutlich auch der Brauch der Mädchen, am Johannistag gebundene Kränze unter Gesang eines spezifischen Liedes in fliessende Gewässer zu werfen und dabei etwas über den künftigen Gatten zu erfahren - sowie noch einiges aus dem Brauchtum.(17) Obwohl die bisherigen Forschungsergebnisse dieser Art genügend Zeugnis abiogén von der erwähnten frühmittelalterlichen, westslavisch-südslavischen Besiedlung und diese überdies durch archäologische und anthropolische Tatsache Rechnung zu tragen, dass durch ebendenselben Raum Westpannoniens weit später, nämlich ab dem 16. Jahrhundert, ein bereits erwähnter mächtiger Menschenstrom von Umsiedlern aus Kroatien und seinen Nachbargebieten in der Gegenrichtung, vom Süden gegen Norden, unterwegs war und somit denselben Raum der westlichen Zone Pannoniens mit neuen Kulturelementen (sowie mit anderen sprachlichen Be?o,iderheiton)slavischen diesmal kroatischen Gepräges dicht besäte. Es braucht wohl kaum betont zu werden, wie schwierig sich die Lösung der kulturkundlichen i: d sprachkundlichen Probleme erweisen, will man die slavischen Elemente zumindest dieser zwei Schichten auseinanderhalten und dieselber in Sprach- und Kulturgemenge dieses Raumes wiedererkennen. 19