Lukács László (szerk.): Märkte und Warenaustausch im Pannonischen Raum - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 28. (Székesfehérvár, 1988)

Attila Selmeczi Kovács: Die Ölhändler

können ihr Leinsamenöl auch heute noch zu einem gesuchten Artikel machen. Dieser Ölhändler ist auch deshalb unter den in Budapest hausierenden Speku­lanten berühmt, da er zu den wenigen gehört, die ihre Ware auf den Strassen der Hauptstadt auf Ungarisch anbieten."(18) (Abb.2.) Diese Passage zeugt davon, dass die Bevölkerung der Hauptstadt zur Fasten­zeit nach dem Fasching ihre Gerichte grösstenteils auch mit Öl zubereitete. Dazu kauften die Leute aber viel lieber das hausgemachte schmackhaftere Lein­samenöl als das in den Geschäften erhältliche, reinere Produkt. Obwohl die römisch-katholische Kirche die Strenge der Fastenzeit Mitte des letzten Jahr­hunderts etwas milderte - sie genehmigte auch Butter zum Ersatz von Fett(19) -, bestanden die traditionsgebundenen Katholiken zur Fastenzeit auch weiterhin auf dem Öl. Das Leinsamenöl diente besonders zum Aromatisieren des rohen Sau­erkrautes. Aber auch Fischgerichte und Teigwaren wurden damit ^.ubereitet. Die periodisch wiederkehrende Nachfrage erhielt die in der Umgebung der Groß­­städte ansässigen dörflichen Ölschläger-Werkstätten für eine lange Zeit am Leben, die, über die Befriedigung der Bedürfnisse der Bauern hinaus, Öl auch auf dem Markt verkauften. Die ärmeren Bauern oder ihre Frauen aus den Dör­fern nahe von Großstädten machten sich zur Fastenzeit mit einigen Krügen von Leinsamenöl regelmässig auf den Weg. Wie uns aus einer weiteren- zeitgenössi­schen Beschreibung bekannt ist,(20) hörte man hauptsächlich während der Kar­woche die Kaufrufe der Ölhändlerinnen in den Strassen unserer Städte, die das schmackhafte Speiseöl in schwarzen irdenen Krügen aus den benachbarten Dörfern holten. (Abb.3.) Sie gingen von Haus zu Haus, boten ihre Ware im Tor oder im Hof stehend laut an, bis sie dann in manche Wohnungen eingeladen wurden, um einige "verdung" von Öl auszuschenken. - Mit dieser Benennung wurde nämlich das Blechgefäss von zwei Deziliter Inhalt bezeichnet, das ein typisches Zubehör der Ausrüs­tung des Ölhändlers war, genauso wie der Blechtrichter, mit dem das auspor­tionierte Öl in die Flasche des Käufers eingeschenkt wurde. Die findigen Öl­händlerinnen trugen die vier bis fünf Liter fassenden Ölkrüge, in der Hoff­nung auf ein gutes Geschäft, auf beiden Armen oder in einem Tragkorb. Die hausierenden Ölhändler und diejenigen, die auf dem Markt verkauften, ge­hörten aber nicht zur spezifischen Schicht der städtischen Händler oder der dienstleistenden Handwerker, da ihre gelegentliche Tätigkeit bloss eine Er­gänzung ihres Einkommens bedeutete und nicht die Grundlage für ihr Auskommen bildete. Seit dem Beginn unseres Jahrhunderts verschwanden die Ölhändler ge­nauso von den Strassen und Märkten unserer Großstädte - ebenso wie andere typische, die Stadtbilder des letzten Jahrhunderts prägende Gestalten - , wohl als Folge der Urbanisierung, der veränderten Lebensweise und vieler an­deren Faktoren. 134

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