A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve: Studia Archaeologica 9. (Szeged, 2003)
BENDE Lívia: Avar temető Örménykúton
EINAWARISCHES GRABERFELD IN ÖRMÉNYKÚT Lívia BENDE Bei den Freilegungen des Archäologischen Institutes der Ungarischen Akademie der Wissenschaften wurden 31 spätawarenzeitliche Bestattungen von László Kovács und Éva Garam von 1982 bis 1984 am topographischen Fundort 7/11 auf dem Weichbild der Gemeinde Örménykút (Komitat Békés) erschlossen (RégFüz 1 (36) 1983, 84; RégFüz 1 (37) 1984, 73; RégFüz l (38) 1985, 67; MRT 8, 343). Die Ausgrabung wurde auf dem Hof des Wasserturmes, bzw. auf dem freien Platz zwischen ihm und dem Kulturhaus durchgeführt (Abb. 1. 1-2). Auf diesem Gelände wurden ein Reitergrab in den 60-er Jahren bei den Betonierungsarbeiten des Wasserschachtes eines öffentlichen Brunnens, femer einige beigabenlose Gräber im Graben der Schutzerdung im Jahre 1980 gefunden. An der Ausgrabung konnte der Umzäunungsgraben (Graben A) an der östlichen Seite des Gräberfeldes registriert werden. Da unsere Kenntnisse über das Gräberfeldsdetail von Örménykút lückenhaft sind (die Grabungsdokumentation des Jahres 1984 ging mit den Zeichnungen und Beschreibungen der Gräber 20-31 verloren), dürfen wir bei der Analyse nur beschränkte Folgerungen ziehen, bzw. möchten wir auf manche wichtigen Momente aufmerksam machen. Auf dem freigelegten Teil des Gräberfeldes kamen auch zwei Stollengräber vor (Gräber 6 und 27) (BÁLINT 1990, 176, Anm. 99; LÖRINCZY 1994, 326; MADARAS 1996, 140; BENDE 2000, 249, Anm. 15). Mit seiner abfälligen Sohle und stufig beginnenden, ebenfalls abfälligen Nische weicht das Grab 6 von den bisher bekannten spätawarenzeitlichen Stollengräbern nicht ab. Unter den im Schacht liegenden Tierknochen beobachteten die Ausgräber eine schwarze Erdschicht, die als der Rest der aufgeopferten und mitbestatteten Kuh aufgefasst werden kann. Vor der Öffnung der Nische befanden sich die Tierknochen bis eine, auf der Längsachse des Grabes senkrecht stehenden Linie, also wurde die Öffnung wahrscheinlich mit einer stabilen Holzplatte abgesperrt (Abb. 6. 1; Abb. 11.5-6). Problematisch ist die Bestimmung der Form des Grabes 3 (Abb. 3. 1; Abb. 11. 4). In diesem, in den 60-er Jahren zerstörten und 1982 freigelegten Grab konnte nur mehr das Pferdeskelett ausgegraben werden. Die Grabzeichnung zeigt aber genau, dass die südöstliche Längsseite der Grabgrube kein Ende hat, sondern sie geht bogig bis die Betonwand des Wasserschachtes weiter, während die Grabgrube ein wenig enger wird. Es sieht genau so aus, wie das ausgehöhlte Bänkchen — auf das der Tote gelegt wurde — in der Seitenwand der gut dokumentierten Bestattungen beginnt. Der Vollständigkeit wegen muss man erwähnen, dass es kein einziges, authentisch freigelegtes Nischengrab unter den im Gebiet zwischen der Körös, Tisza und Maros erschlossenen etwa 4000 spätawarenzeitlichen Gräbern gibt, im Gegensatz zu den frühawarenzeitlichen Bestattungen, deren Anteil dem der Stollengräber im Großen und Ganzen entspricht. In einem einzigen Fall, schon südlich auf dem Donau-Theiß-Zwischenstromland kam es vor, dass Stollenund Nischengräber in demselben spätawarenzeitlichen Gräberfeld, auf dem Fundort Szokolac/Backi Sokolac (Yu) freigelegt werden konnten (RITZ 1995). Auf dem freigelegten Teil des Gräberfeldes kamen aufgeopferte Tiere in drei Gräbern vor: Im Grab 3 lag ein ganzes Pferd, im Schacht des Stollengrabes 6 lagen die Teile einer 4-5-jährigen Kuh in nicht anatomischer Ordnung (also kein komplettes Skelett, aber darunter wahrscheinlich auch die Haut), bzw. unter dem Toten fand man im Grab 4 eine partielle Lammbestattung: die ausgebreitete Haut des Lammes mit dem Schädel und den Beinen. Außer den Erwähnten gab es Tierknochen im Grab 27, das ebenfalls ein Stollengrab war: Da lagen ein Stück Rindbein, der Fußknochen eines Schafes, ferner das Schulterblatt eines Schafes, das mit dem dazu gehörenden fleischigem Teil wahrscheinlich als Speisebeigabe diente. In den Bestattungen des Gräberfeldsdetails kamen weder Gegenstände frühawarischen Charakters noch gut datierbare, zweifelsohne spätawarenzeitliche Fundkomplexe zum Vorschein. Demnach kann die Zeit der Bestattungen mit Hilfe der aus gepressten und blechernen Beschlägen (Grab 4 — Abb. 4), bzw. aus Blech ausgeschnittenen und gegossenen Stücken (Grab 10 — Abb. 7) bestehenden Gürtelgarnitur, ferner aufgrund des im Frauengrab 14 freigelegten Fundkomplexes (Abb. 8) von dem letzten Viertel des 7. Jahrhunderts bis das erste Viertel des 8. Jahrhunderts bestimmt werden. Von den Funden muss ein am rechten Schenkelbein gefundenes eisernes Sägeblatt hervorgehoben werden (Grab 1 — Abb. 2. 4), das im awarenzeitlichen Fundmaterial alleinstehend ist. Nach seiner Lage im Grab war es lieber eine einfache Beigabe als ein unheilabwehrendes Eisengerät. In der weiteren Umgebung von Örménykút, d. h. in der Landschaft zwischen der Körös, Theiß und Maros, sind zahlreiche, in die zweite Hälfte der Awarenzeit datierbare Gräberfelder bekannt, deren Belegung in der Mittel- und Spätawarenzeit kontinuierlich scheint. Kein einziges Gräberfeld ist aber bekannt, das in der ersten, bzw. auch in der zweiten Hälfte der Awarenzeit lange und kontinuierlich belegt worden wäre. Der Grund, genau wann und warum man mit der Belegung der frühawarenzeitlichen Gräberfelder aufhörte, und wann in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts die Belegung der großen späten Gräberfelder begann, muss noch geklärt werden. Dem veröffentlichten Fundmaterial nach stimmt dieser Wechsel mit dem Auftreten des mittelawarenzeitlichen Fundmaterials nicht genau überein, oder aber der Beginn des mittelawarenzeitlichen Wandels ist nicht nur an die markante Änderung des Fundmaterials zu knüpfen. Es ist ebenfalls wahrscheinlich, dass diese Änderung nicht von einem Tag auf den anderen stattfinden konnte. Soviel ist sicher, dass Gegenstände frühawarischen Charakters in den frühesten Gräbern einiger großer später Gräberfelder noch anwesend sind (z. B. Szarvas-Fundort 68 — JUHÁSZ 1995a; Székkutas-Kápolnadülő — B. NAGY 2003; Orosháza-Béke TSz — JUHÁSZ 1995). Zugleich sind aber diese Gegenstände in anderen, bis das Ende der Awarenzeit kontinuierlich belegten großen Gräberfeldern gar nicht zu finden (Szentes-Kaján — KOREK 1943, MADARAS 1991; Orosháza-Bónum-téglagyár — JUHÁSZ 1995).