A Móra Ferenc Múzum Évkönyve, 1972/73-1. (Szeged, 1974)

Bálint Sándor: Traditionen der Schweinezucht und des Schlachtfestes in Szeged

TRADITIONEN DER SCHWEINEZUCHT UND DES SCHLACHTFESTES IN SZEGED von Sándor Bálint Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde die Schweinezucht in Szeged auch schon in den früheren Jahrhunderten betrieben, bedeutende Angaben darüber liegen uns jedoch erst aus den Zeugenaus­sagen der Hexenprozesse (1728) vor. Gleichzeitig mit der Akklimatisation des Maises erfuhr die gewerbmässige Schweinemast im 18. Jahrhundert im neuen, an die Pestepidemien erinnernden Stadtteil „Rókus" einen grossen Auf­schwung. Nie in eine Zunft zusammengefasst blieb es bis zum II. Weltkrieg ein Gewerbe, das keine Qualifizierung erforderte. Die Schlächter kauften Hunderte von Frischlingen in Siebenbürgen, im Banat, in Serbien und in der Walachei auf, — später zählten zu ihren Lieferanten auch die Bauern­gehöfte der Tiefebene — und trieben sie nach Szeged, wo sie in grossen Schweineställen gemästet wurden. Zur Schlachtung kam es im Herbst. Das Schmalz und besonders das Speck kauften Herr­schaftsgüter für ihre Saisonarbeiter auf. Viel Speck verbrauchten auch die Dammbauarbeiter. Das Fleisch wurde auf dem Stadtmarkt unter Planendächern verkauft, aber schon Mitte des ver­gangenen Jahrhunderts lief die Produktion der seither berühmt gewordenen Szegediner Salami an, deren Zubereitungsart den Italienern in der Lombardei stationierte ungarische Soldaten abge­lauscht hatten. Ende des vergangenen Jahrhunderts nimmt die Salamiproduktion die Form kapitalistischer Unternehmung an. (János Forgiarini, Márk Pick). Gemeinbürger der Vorstädte mästen auch heute noch ein paar Schweine, von denen welche zum Anbruch des Winters verkauft werden, die übrigen als Belohnung des Fleisses, decken den eigenen Verbrauch. An die Mast und die Heilung der Krankheiten knüpften sich viele magische Vorstellungen und Aberglauben. Das Schlachtfest erweist sich in der Bauernfamilie als ein merk­würdiges Ereignis, dessen Hergang und Traditionen vom Verf. eingehend beschrieben werden. Die Behaarung des geschlachteten Schweines wird durch Verbrennung von Stroh, neuerdings mit Hilfe von Röstmaschine abgesengt. Die Entborstung wird als deutsches bürgerliches Enthaarungs­verfahren des Schweines bewertet. Die Zerlegung beginnt mit dem Aufschneiden der Speckschicht über der Wirbelsäule. Die andere Zerlegungsmethode, vom Bauch her, ist ebenfalls deutschen Ursprungs. Die Zubereitung des Fleisches, Specks und der Wurst kommt den Männern zu, das Säubern der Därme, das Füllen von Reiswürsten, das Auslassen vom Fett und das Kochen zählen zu den Pflichten der Frauen. Das Abendessen, das die Verarbeitung abschloss, war ehemals ein vertrautes Mahl der Familie, der Verwandten und Nachbarn, sowie der eingeladenen Gäste, das auch von kultischen Momenten geprägt wurde. So erinnert einen zum Beispiel der vogelförmige Kuchen, der zum Schlachtfest gebacken wurde, an den Totenkult. Wo junge Leute wohnten, kamen auch in Maskaraden verkleidete Bur­schen dorthin, um scherzhafte Glückwunschverschen vorzutragen. Ein solches war das „Lied über die Grillenhochzeit". Nachher haben sie zu den Klängen der Zither drauflosgetanzt, damit — wie sie stets wiederholten — der „Tote" (d. h. der Schwein) nicht wieder lebendig sein werde. 130

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