A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve, 1964-65. 2. (Szeged, 1966)
Dienes, István: Über neuere Ergebnisse und Aufgaben unserer archäologischen Erforschung der Landnahmezeit
könnten. Die Verschmelzung der Urbevölkerung des Karpatenbeckens (es waren Awaren, Slawen, Bulgaren und ander Völkerreste) mit dem Ungartum kann archäologisch derzeit in erforderlichem Masse noch nicht beleuchtet werden. Es ist offenbar, dass von dem Ungartum jene Volksgruppen, die sich unterworfen hatten, nicht ausgerottet wurden, sondern sie wurden in verschiedene Schichten seiner eigener Gesellschaft aufgenommen, die meisten von ihnen verschmolzen mit dem Gemeinvolk bzw. mit den Knechten. Offenbar hatte dieser Prozess mehrere Wege, als was wir augenblicklich hierüber wissen. Es lässt sich beobachten, das ein Teil der sog. spät-awarischen Friedhöfe (z. B. in der Umgebung von Szeged, in Visznek, Győr, desgleichen der unlängst durch János Szabó behandelte Friedhof von Szarvas— Kákapuszta) im X. Jahrhundert auch nach dem Erscheinen der Ungarn im Gebrauche blieb. Unter diesen awarischen Gräbern kann man einige charakteristisch ungarische Beerdigungen aus der Landnahmezeit finden. Das lässt uns die eine Art der Einfügung der lokalen Bevölkerung: über die in ihrer Organisation ungstört gelassenen Urbevölkerung gelangten ungarische Führer oder je ein Mitglied der Gemeinschaft bekam von den Eroberern einen Antrag zur Lenkung der Seinigen ; für ihre treuen Dienste wurden sie dann mit Kleidung und Waffen versorgt. Die Zahl derartiger Friedhöfe ist aber gering im Verhältnis zu der ansetzbaren Zahl der Urbevölkerung, und im X. Jahrhundert hören auch diese auf und können bis zu der Staatsgründung nicht weiterverfolgt werden. — Eine andere Gruppe der Friedhöfe der Urbevölkerung wurde noch früher, unmittelbar in den Zeiten nach der Landnahme eingestellt. Der Grund des Aufgebens der alten Begräbnisstätten kann kein anderer gewesen sein, als dass die Bevölkerung von den eindringenden Ungarn umgruppiert, unter einander aufgeteilt und ihnen neue Siedlungsorte angewiesen wurden. Jener Teil der Urbevölkerung also, das in das eigene Gemeinvolk eingereiht worden war, mag gleichfalls in den Friedhöfen der ungarischen Gemeinen ruhen. Hiervon sehen wir — laut Gyula Török — auch in dem Frühabschnitt des Friedhofes von Halimba aus dem X — XII. Jahrhundert ein Beispiel. Das fremde Element, das anfangs noch abgesondert werden kann, ist des späteren archäologisch nicht erkennbar, seine sachliche Kultur verwischt sich mit der des ungarischen Gemeinvolkes, das es bis zu dieser Zeit auch sprachlich in sich geschmolzen haben wird. Eine weitere Klärung erfordert also die Frage, in welchem Verhältnis die Urbevölkerung in diesen Friedhöfen des Gemeinvolkes neben den Ungarn vertreten ist und in welchem Masse die ungarische völkische Kultur durch ihre Anwesenheit angefärbt worden sei, da ja die Wechselwirkung offenbar ist (s. unsere Lehnwörter). Wir sehen also, dass die chronologischen und ethnischen Probleme der Friedhöfe nicht in jeder Hinsicht gelöst sind. Ausser der Urbevölkerung sind hier auch die Gräber der eingeschleppten Kriegsgefangenen zu vermuten, somit birgt ein Teil der Friedhöfe verschiedenartige Volkselemente in sich. Die Bewahrung unserer Sprache ist ein Zeugnis dafür, dass die ungarischsprachige Bevölkerung auf alle Fälle in diesen Friedhöfen im Übergewicht ist. Bei der Bestimmung des Zeitalters der Friedhöfe müssen wir auch mit der Widerspiegelung von Ansiedlungen zu verschiedenen Zeiten, hauptsächlich aber im Zeitalter der Staatsgründung in dem Friedhofbilds rechnen, einzelne Begräbnisstätten wurden aufgegeben, andere sind neu entstanden, welche Erscheinungen bei den einzelnen Friedhöfen nur abgesondert voneinander analysiert werden können. Diese Friedhöfe müssen in ihrem Abschnitt aus der Arpadenzeit alle diejenigen Schichten in sich bergen, die in den Gesetzen unserer ersten Könige als vulgares, pauperes und servi bezeichnet werden. Die wirkliche soziale Lage dieser Gruppen ist auch noch für das XL Jahrhundert umstritten, von ihnen kann nur über die „servi" 86