A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve, 1964-65. 2. (Szeged, 1966)
Dienes, István: Über neuere Ergebnisse und Aufgaben unserer archäologischen Erforschung der Landnahmezeit
Für unsere früheren Historiker war es ein unlösbares Rätsel, was für Umständen das Ungartum sein Verbleiben zu verdanken hat. Am Anfang des vorigen Jahrhunderts eröffnete Ésaiás Budai, Debrecener Professor sein berühmtes Geschichtswerk, an dem die Generation der Reformperiode erzogen wurde und in dem als Aszóder Schüler auch Petőfi geblättert hat, mit diesen Gedanken :,, Dass die Ungarn das Schicksal derjenigen Völker nicht ereilt hat, von denen es heute nicht einmal eine Spur mehr gibt, das ist in der Geschichte als eines der sonderbarsten Dinge anzusehen Denn sie sind von weither von einem anderen Teil der Welt nach Europa gekommen und sind hier unter ganz ungleichartige, viel zahlreichere und gegen sie feindlich gesinnte Nationen geraten: es ist also ein Wunder, dass sie in der vielen Kriegführung nicht alle gefallen oder mindestens nicht so weit geschwächt worden sind, dass sie ihre Sprache — sich allmählich mit anderen Nationen vermischend —nicht verloren haben, und damit selbst auch die Nation nicht verschwunden ist..." (Budai É'saiás, Magyar Ország Históriája. Debrecen, 1811,40). —Jenes Bild, das in den Vertretern dieser Zeit über unsere landnehmenden Vorfahren gelebt hat, war wirklich nicht geeignet, eine passende Erklärung über das Verbleiben unserer Sprache und unserer völkischen Eigenheiten zu geben. Nach unserer Vermutung bringt uns alles das, was wir im Spiegel der neueren Forschungen über die landnehmenden Ungarn vorgetragen haben, an die Beantwortung dieser Frage näher. Der oben charakterisierte Entwicklungsgang der ungarischen Gesellschaft ist nicht alleinstehend, da ja derselbe Vorgang auch bei den Völkern der Nachbarschaft — auch wenn bei abweichenden wirtschaftlichen Grundlagen — im grossen und ganzen in derselben Zeit vor sich gegangen ist. Das Ungartum wandelte auf dem weg der allgemeinen osteuropäischen Entwicklung, was ihm ermöglichte, sich in die neue Umgebung einzufügen. Obgleich Géza und Stephan in der Tat eine neue, festere staatliche Organisation zusammengeschmiedet haben, so mussten sie in vieler Hinsicht notwendigerweise eine sich schon ausgebildete Organisation weiter ausbauen und eine Reihe von Erscheinungen können wir aus der inneren Entwicklung erklären. Ferenc Salamon sah ganz richtig das . Verdienst der staatbildenden Tätigkeit Stephans darin, dass er „einen Teil davon geregelt und geordnet hat, was schon vorhanden war". Unsere Aufgaben, die wir zu verrichten haben, ergeben sich von selbst aus dem Vorgebrachten: Ausgrabungen mit komplexen Forschungen verknüpft, die Klärung der Verbindung der Ansiedlungen mit den aussen liegenden Friedhöfen, die Aufdekkung der Mittelpunkte eines Gebietes und die deren Umgebung ; die schattierter Analyse der sozialen Verhältnisse, Lösung ethnischer Probleme, 14 präzise Umgrenzung des Materials der Urbevölkerung, die Nachzeichnung des Ablaufes der Verschmelzung, der Nachweis der Zusammenhänge der alten und der in der Zeit der Staatsgründung diese ablösenden neuen wirtschaftlich-sozialen Organisation; das. chen, desgleichen die ansetzbare Seelenzahl jener ursprünglichen Gemeinschaften, von denen die ursprünglichen äusseren Friedhöfe der Dörfer eröffnet wurden. Wir müssen auch damit noch rechnen, dass alle diese Dörfer nicht gleich alt sind; der Ursprung von allen diesen reicht nicht unbedingt in die Landnahmezeit zurück. 14 Die Forscher der Anthropologie sehen rassische Verschiedenheit in dem rassischen Charakter der führenden Schicht des Ungartums und des gemeinen Volkes. Dieses Bild mag sich zum guten Teil deswegen herausgebildet haben, weil hauptsächlich das Material der ansehnlichere Denkmäler der Goldschmiedekunst in sich bergenden kawarischen Friedhöfe als zu der führenden Schicht des Ungartums gehörend angesehen wurde. Jetzt als auch auf übrigen Gebieten des Landes immer systematischere Forschungen getrieben werden, und sowohl in Transdanubien und dem Süd-Alföld solche Gräber zum Vorschein kommen, die als zu der oberen Schicht des Ungartums gehörend angesehen werden können, ist es sicher, dass sich das Rassengebilde des Ungartums mit Berücksichtigung seiner sozialen Gliederung erheblich modifizieren wird. 110