Ujváry Zoltán: Kultusz, színjáték, hiedelem (Miskolc, 2007)

Játék és maszk. Dramatikus népszokások I.

Spiet und Maske (Dramatische ^oCksßräucfie I. SpieCe und Masken im Jaftresßraucfitum In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts wandten die Forscher ihre Aufmerksamkeit der volkstümlichen Schaustellerei und den dramatischen Bräuchen mit Masken in Ungarn zu. Diese Forschungen, die sich vorwiegend aufgrund schriftlicher Quellen gebildet hatten und sich weniger auf historische Beiträge stützen, fussten zumeist auf dem Boden von Hypothesen. Ein bedeutenderes Ergebnis erlangte man allein auf dem Gebiet der Erforschung von Mysterienspielen und Krippenspielen, doch diese im Religiösen wurzelnden Spiele dürften wohl kaum als Grundlage für die Untersuchung der alten Vergangenheit der volkstümlichen Schaustellerei in Ungarn und des einstigen mittelalterlichen dramatischen Brauchtums gedient haben. Man unternahm den Versuch, das volkstümliche ungarische Schauspiel aus der Zeit der Landnahme und des Mittelalters zu rekonstruieren, wobei man jedoch das Sammeln unter dem Volk an Ort und Stelle vergass. Infolgedessen hielt sich auch noch bis zur Mitte unseres Jahrhunderts jene Auffassung, dass es ein volkstümliches ungarisches Schauspiel nicht gegeben hat. Dieses Allgemeinurteil lenkte jedoch die Aufmerksamkeit der Fachleute und der öffentlichen Meinung geradezu vom volkstümlichen Schauspiel ab. Infolge meiner mehr als ein Vierteljahrhundert andauernden Forschungsarbeit tat sich mir die unvergleichlich reiche Welt der Maskenspiele und dramatischen Volksbräuche im ungarischen Volk auf; und diese Forschungen führten des öfteren zu überraschenden Ergebnissen. Obgleich diese Kunstgattung in Ungarn tatsächlich schon das allerletzte Stadium ihres Bestehens erreicht hatte, war es dennoch möglich, diese vom Gesichtspunkt des volkstümlichen Schauspiels schlechthin so wichtigen Spiele mancherorts aus der Erinnerung und anderweitig sogar noch in der rezenten Ausübung aufzuzeichnen. Als Ergebnis meiner bisherigen Forschungen zum volkstümlichen Schauspiel habe ich zahlreiche Studien, Veröffentlichungen und Bücher publiziert. In den Kapiteln des vorliegenden Bandes mache ich das an Ort und Stelle gesammelte und aus den verschiedenen Quellen geschöpfte Material meiner langjährigen Forschungsarbeit zugänglich. Damit verfolge ich das Ziel, einen Uberblick über die schauspielhaften dramatischen Bräuche sowie über die ausserordentlich reichen Szenen mit und ohne Masken zu geben. Somit stellt dieser Band eine Sammlung dar, welche als erste den Versuch unternimmt, den Stoff der volkstümlichen dramatischen Spiele für das gesamte ungarische Sprachgebiet zusammenfassend und systematisierend vorzustellen. Und obschon es, was das Wissen um die geographische Verbreitung der Spiele anbelangt, noch einige weisse Flecke gibt, so meine ich dennoch, dass das hier mitgeteilte Material ein umfassendes Bild von den Schauspieltraditionen des ungarischen Volkes liefert. Der reichhaltige Stoff dieses Bandes beweist, dass das ungarische Volk auch auf diesem Gebiet nicht ärmer ist als seine Umgebung, wie dies von vielen angenommen wurde. In vieler Hinsicht besass es hier sogar eine alleinstehende, sich immer wieder erneuernde Tradition. Gleichzeitig weisen die ungarischen dramatischen Spiele und Masken Verwandtschaft mit den Bräuchen der europäischen Völker auf. Diese Ähnlichkeiten, ja, oft überraschenden Übereinstimmungen, bedeuten aber nicht, dass es sich hier um den formellen Mechanismus der Übergabe und Übernahme von kulturellen Elementen handelt, sondern sie zeigen vielmehr, dass sich auch das Ungarntum diesem Kulturkreis angeschlossen hat, was auch auf diesem Gebiet seine ganz spezifische Anpassung an das Europäertum bedeutete. Diese Entwicklung ergab sich ganz notwendigerweise, und in ihrem Verlauf verschmolzen die kulturellen Elemente aus der Zeit vor der Landnahme mit immer wieder neuen Motiven, wodurch dann diese die Folklore des ungarischen Volkes so charakteristisch bezeichnende Kunstgattung zustandekam. Die Beispiele aus dem vorliegenden Band demonstrieren die Vielfarbigkeit gut, welche die sich aus denzahllosen Komponenten der ungarischen Volkskultur nährende Schöpferkraft gestaltet hat. Zur Systematisierung und Gliederung des Stoffes meiner Arbeit habe ich die hauptsächlichen Anlässe für die dramatischen Maskenspiele als Grundlage genommen, wobei ich die einzelnen Masken- und Spieltypen gesondert untersuche. Im ersten Band setze ich mich mit den Traditionen der dramatischen Maskenspiele innerhalb der Kalenderbräuche auseinander. Hier untersuche ich in erster Linie rezente Überlieferungen und das Material, das seit dem vergangenen Jahrhundert aufgezeichnet wurde; auf frühere Quellen berufe ich mich nur dort, wo dies unbedingt notwendig ist. Die Bräuche an den Kalendertagen sind zu einem bedeutenden Teil dramatischen Charakters und schauspielhaft; von der Darstellung einer Einzelmaske bis zum Schauspiel mit mehreren Rollen kommen hier die unterschiedlichsten Szenen vor. Nähert man sich diesen Kalenderbräuchen über das Volksdrama, so stellt sich heraus, dass die dramatischen Momente mit Ausnahme der Zauber-handlungen für die Gesamtheit der Brauchtraditionen charakteristisch sind, und

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