Kunt Ernő szerk.: Kép-hagyomány – Nép-hagyomány (Miskolc, 1990)
I. RÉSZTANULMÁNYOK - Heidrun Wozel: Néprajzi-ikonográfiái vonatkozások Ludwig Richter grafikai művében (1803-1884)
VOLKSKUNDLICH-IKONOGRAPHISCHE BELEGE IM GRAPHISCHEN WERK LUDWIG RICHTERS (1803-1884) HEIDRUN WOZEL Einer der volkstümlichsten deutschen Künstler war Ludwig Richter. Bekannt geworden ist er sowohl als Maler. Zeichner und Radierer als auch durch zahlreiche Buchillustrationen und Holzschnittfolgen. In seinem Werk nimmt die Darstellung von Volksleben und Volksbräuchen, von heimatlicher Landschaft und Natur einen breiten Raum ein. Seine große Sympathie für die unteren Volksschichten, die sogenannten „kleinen Leute", kommt vor allem darin zum Ausdruck, daß im Mittelpunkt seines Schaffens die Menschen seiner Umwelt, Angehörige des Kleinbürgertums, Handwerker und Händler. Hausierer und Dienstboten standen. Insbesondere hat er sich auch dem kleinbürgerlichen Familienleben und dem Spiel der Kinder zugewandt. Ludwig Richter wurde 1803 in einem Dresdner Vorort geboren und starb 1884 in Dresden. ' Sein Werk und seine Leistung müssen vor dem Hintergrund der sozialökonomischen Verhältnisse und im Umfeld der geistig-kunsthistorischen Situation seiner Zeit gesehen werden. Der Zeitraum der L Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde von Widersprüchen zwischen der noch herrschenden feudalen Gesellschaftsordnung und den sich entwickelnden kapitalistischen Produktionsverhältnissen geprägt. Zugleich gilt für die Jahre zwischen 1815 und der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848 der kultur- und kunstgeschichtliche Begriff „Biedermeier". Trotz des verheißungsvollen Aufschwungs bürgerlichen Nationalbewußtseins während der Befreiungskriege gegen die napoleonische Fremdherrschaft verbreitete sich nach dem Wiener Kongreß 1815 unter dem Druck feudaler Reaktion und kleinstaatlicher Enge eine philiströse Haltung im deutschen Kleinbürgertum. Sie wies Züge von lokaler Borniertheit, Servilität und Bigotterie auf. Biedermeierliche Denkweise zeigte sich in der Abkehr von der politischen Wirklichkeit und in der Hinwendung zu einer rührselig-sentimentalen Sphäre, einer selbstzufriedene Behaglichkeit ausstrahlenden, gemütvollen kleinen Welt. 2 Das Bürgerhaus und die Familie waren für die Lebenskultur und die Kunst des Biedermeier von zentraler Bedeutung. Die traditionelle Rollenverteilung in der Familie, in der der Mann als Ernährer und Repräsentant nach draußen wirkte und der Frau als Hausfrau und Mutter die Sorge für die Häuslichkeit und die Erziehung der Kinder zukam, wurde im „Biedermeier" neu postuliert. In diesem Bereich wurde die Welt des Kindes überaus ernst genommen. Das Leitbild der tüchtigen Hausfrau, der würdigen Gattin und anpassungsfähigen Freundin des Mannes, der tugendhaften frommen Mutter und Erzieherin pflanzte man schon den Mädchen ein. 3 Gemäß biblischer Autoritätsbestimmung war die Frau dem Manne Untertan (Abb. 1 „Besuch auf dem Lande"). Das Kind als Persönlichkeit wurde im Biedermeier nicht eigentlich entdeckt, doch es wurde auf einer vor allem dem 18. Jahrhundert gegenüber enorm verbreiterten sozialen Basis in bis dahin unbekanntem Maße berücksichtigt. Dabei spielten ältere, im Humanitätsdenken der Aufklärung wurzelnde ethische Prinzipien hinein. 4 Auf dem Gebiet der Pädagogik zeigten sie sich in den Reformversuchen Friedrich Wilhelm