Kunt Ernő szerk.: Kép-hagyomány – Nép-hagyomány (Miskolc, 1990)

I. RÉSZTANULMÁNYOK - Edith A. Weinlich: A privát fényképek történetéhez, valamint a régebbi privátfényképek jelenkori fogadtatásához

ZUR GESCHICHTE PRIVATER FOTOGRAFIE UND ZUR GEGENWÄRTIGEN REZEPTION ÄLTERER PRIVATER FOTOGRAFIE EDITH A. WEINLICH Was Sie hier lesen, ist bestimmt kein stringenter Text; es ist vielmehr eine Samm­lung von Eindrücken, von Einsichten, von theoretischen Bruch- und Versatzstücken, welche bislang meine Auseinandersetzung mit privater Fotografie, und zwar privater Fotografie aus kleinbäuerlichem, arbeiterlichem und kleinbürgerlichem Milieu, aus­machten. Es geht gewissermaßen um eine „Sezierung" des Kopfs der Wissenschaftlerin, der natürlich nicht a priori der Kopf einer Wissenschaftlerin ist, sondern vor allem einmal der einer 28jährigen Frau anno 1988, Lebensraum Wien-Österreich. Mit Ausblick auf die Welt, selbstverständlich, das besagt das Zeitalter, welches wie kein anderes davor durch Medien und Verkehr bestimmt und zu charakterisieren ist. Beides, Medien und Verkehr, sind Wege der Vermittlung; im einen Fall werden Informationen, im anderen Fall Menchen und Waren verschoben. Ehemals nur in science fiction-Romanen vors­tellbare Geschwindigkeiten und Omnipräsenz zeichnen diese Systeme aus. Beides, der Fluß der Informationen wie der des Verkehrs sind in dieser Form Entwicklungen, die sich im Zeitalter der Industrialisierung zugetragen, vollzogen haben und die gleichzeitig dessen wesentlichste Stützen sind und sein Maß noch dazu. Nun, da man die Postmo­derne ausgerufen hat. weil man registrierte, daß die Industriegesellschaft um ein ent­scheidendes Stück weitergerutscht war auf der Spirale ihrer Entwicklung, wo alles schon dagewesen zu sein scheint (nur eines noch nicht eine Gesellschaft „diesseits des Ernst­falls", Bazon Brock), obwohl sich dieser Anschein vielleicht bloß der Gleichzeitigkeit und Gleichgültigkeit der Vielfalt von sich einander widersprechenden bzw. einander nichtssagenden respektive einander verursachenden Phänomenen verdankt, in diesem verunsichernden System also, welches noch dazu eine ungeheure Beschlunigung erfah­ren hat, die seine eigene Vergangenheit diffus macht und ständig aufzulösen droht, entsteht ein Bedürfnis nach Gewißheit, welches sich vor allem als Bedürfnis nach Geschichtlichkeit, und da wiederum als Vergewisserung der Vergangenheit der unmit­telbaren Welt und ihres alltäglichen Verlaufs, darstellt, da ständiger Wandel auch ständigen Verlust bedeutet. 1 Bemerkenswert auch der Begriff Industriearchäologie 2 den Forscher für die Geschichtsschreibung industrieller Produktionsweisen und die Konservierung „industrieller Denkmäler" aufgebracht haben, in dem sowohl das Ge­fühl einer fast schon zeitlosen, außergeschichtlichen Distanz zu den Anfängen und Wurzeln der Industrialisierung thematisiert ist als auch das Fehlen eines Bewußtseins dafür, daß Industrialisierung ein geschichtlicher Vorgang ist, obwohl es sich um einen Prozeß handelt, der gegen wärtige Geschichte „macht". Der Kopf der Wissenschaftlerin arbeitet, d.h., denkt, empfindet, erfährt, nicht getrennt von dem der zeitgenössischen privaten Person; alles ist vielmehr miteinander verwoben. Nur, was ich wann und wie gegenüber wem erwähne, darin liegt eine be­wußte Trennung, eine Trennung in wissenschaftswürdig und nicht. (Eine Trennung,

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