Kunt Ernő szerk.: Kép-hagyomány – Nép-hagyomány (Miskolc, 1990)
I. RÉSZTANULMÁNYOK - Ingeborg Weber-Kellermann: A vidékiek kultúrájáról és múzeumi ábrázolásukról
kerung zahlenmäßig infolge der massenhaften Abwanderung in die Städte stark zurück. Der alte Bauernstolz in tätiger Gelessenheit und Behäbigkeit, einst höchste Tugend des Landvolkes, verlor an Wert, was sich besonders deutlich im Ablegen der Trachten 18 und den städtischen Einflüssen auf Einrichtung und Wohncomfort ausdrückte. Im Gegenspiel versuchten die bürgerlichen Heimatpfleger, ihre Vision vom reinen schönen Landleben auf die Dörfer zu tragen und den Landleuten gerade das anzupreisen, von dem sich diese als nicht mehr für sie passend lösen wollten. Auch hier sind keine objektiven Schönheitsbegriffe anzuwenden, wenn ein eingelegter Bauernschrank gegen ein städtisches Konfektionsmöbel eingetauscht wurde. Nur die Antiquitätenhändler gewannen dabei! Der Erste Weltkrieg und die Zwanziger Jahre beschleunigten solche Anpassungsprozesse, bis der Hitlerstaat eine totale Kehrtwendung einleitete. Eine neue Verherrlichung vor Dorf und Scholle, von Blut und Boden sollte nicht nur das immer geringer werdende Landvolk moralisch aufwerten, sondern auch städtische Jugendliche und Arbeitslose zur Siedlertätigkeit motivieren - immer im Hinblick auf die Besiedlung der zu erobernden Ostgebiete ! Nun wurde die „weltanschaulich richtige Tracht" wieder zum „Ehrenkleid der Landfrau", ,lJ und auf dem Bückeberg überreichten die Abordnungen der Kreisbauernschaften dem Führer den Erntekranz der Nation! 20 Die Manipulation der Landbevölkerung, die Verfälschung ihrer Werte und Normen war grenzenlos und gefährdete ihr Denken und Handeln. Nach dem Krieg ging es dann erst einmal um den Anschluß an die neuen technischen Entwicklungen und den Aufbau eines ständig wachsenden Maschinenparks, der die Landarbeit und ihre Strukturen total veränderte. Wenn nun seit den Siebziger Jahren, fast hundert Jahre nach der Agrarromantik, wiederum eine nostalgische Welle die Dörfer erreicht mit Trachtengruppen, Festaufzügen, Volkstanzfestivals, Ostereiermalen und Bauernstickerei, so ist das in den Details durchaus skeptisch zu beobachten, denn es hat ja tatsächlich mit der traditionellen Dorfkultur kaum etwas zu tun. Hier zeigt sich eine Art von Zweiter Natürlichkeit, eine Sehnsucht nach heiler Dorfwelt und ihrem bunten Treiben, die es so nicht gegeben hat. Was motiviert die Landbevölkerung zu derartigen, oft sehr kostspieligen Aktivitäten? Die Moderne brach die hierarchische Endogamie der alten Dorfgesellschaft allmählich auf. Durch Eisenbahn und Autoverkehr erweiterte sich der erlebte Raum der Dorfbewohner, und schon die räumliche Vielfalt der Mundarten, Grußformen, Kleidungssitten, Nahrungs- und Trinkgewohnheiten wirkte den älteren Denkgewohnheiten entgegen. Dennoch blieben viele traditonelle Verhaltensweisen wie Prestigedenken und Autoritätsansprüche weiterhin erhalten, obgleich die reale Basis in der Familie nicht mehr dazu paßte. Das alles ist in der diffusen Gegenwartsgesellschaft schwer festzumachen und nur als Trend zu beobachten. Vielleicht erschließt sich das oft krampfhafte Bemühen um eine eigene, Bilderbuch-bunte Dorfkultur aus der Sehnsucht nach persönlicher und kollektiver Identität in dieser Welt der Einzelnen? Dann wären die neugemachten Trachten usw. auch heute Zeichen, aber nicht für die alte Dorfgesellschaft, sondern für den Wunsch der Heutigen nach einer Sicherheit, die sie im „Alten" vermuten. Auch das wäre ein museales Thema. ANMERKUNGEN 1. Blockhaus Enzyklopädie. Wiesbaden 17 1970, Bd.10. S.733. 2. Edward B. Tvlor: Die Kulturwissenschaft. In: René König u.a. (Hg.): Kulturanthropologie. Düsseldorf/Wien 1972. S.5I ff. Original Leipzig 1873. 3. vgl. Wolfgang Jacobeit und Ute Mohrmann (Hgg.): Kultur und Lebensweise des Proletariats. Berlin 1974.