Kunt Ernő szerk.: Kép-hagyomány – Nép-hagyomány (Miskolc, 1990)

I. RÉSZTANULMÁNYOK - Richard Jerábek: Cseh kéziratos és festett könyvek a 18-19. század fordulóján (Adalékok a paraszti használatú ikonográfia tanulmányozásához)

TSCHECHISCHE HANDSCHRIFTLICHE UND - GEMALTE BÜCHER UM DIE WENDE DES 18. UND 19. JAHRHUNDERTS (Marginalien zur Methodologie der volkstümlich gewordenen Ikonographie) RICHARD JE&ÁBEK Meinem Vater zum Gedächtnis Die tschechische Buchkultur erreichte schon im Hochmittelalter ein hervorragen­des, mit vielen anderen fortgeschrittenen europäischen Ländern vergleichbares Niveau. Nach der Übernahme der glagolitischen, vor allem aber der lateinischen Schrift in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts, tauchten alsbald die ersten literarischen Denkmä­ler auf: Chroniken, Legenden tschechischer Heiligen u.a. Sie waren zwar in lateinischer Sprache geschrieben, enthielten jedoch tschechische Ausdrücke, besonders Orts- und Personennamen. Die ersten zusammenhängenden tschechischen Texte sind liturgische Lieder, deren Ursprung ins 12. Jahrhundert zurückreicht. An sie knüpft eine ununter­brochene Reihe tschechischer handschriftlicher literarischer Werke an, die im Vermächt­nis des Reformators Jan Hus kulminieren. Kurz nach Gutenbergs Erfindung des Bach­drucks erscheinen die ersten tschechischen gedruckten Bücher aus den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts, die Produktion solcher Werke überwiegt in Böhmen und Mähren bis zu ihrem Höhepunkt, den die tschechische Kultur in der Person und im Werk des Pädagogen und Polyhistors Jan Arnos Komensky (Comenius) erreichte. Erst nach der Niederlage des antihabsburgischen Aufstandes, als im Zusammenhang mit der Gegen­reformation in den böhmischen Ländern die Germanisierung zunahm, erfolgte eine einschneidende Beschränkung des Druckes tschechischer Bücher; ihre Verbreitung wurde verboten und viele von ihnen wurden vernichtet. Allein der jesuitische Fanatiker Antonin Koniäs ließ an die dreißigtausend Exemplare verbrennen und er verfaßte auch das erste - leider nicht das letzte - Verzeichnis verbotener tschechischer Bücher: Clavis haeresim claudens et aperiens aus dem Jahr 1729, das später in mehreren Reeditionen erschien, bzw. den Index bohemicorum librorum prohibitorum et corrigendorum, der etwa 1800 Titel enthielt, also ungefähr ein Drittel der damaligen tschechischen Druckschriften. Es kann allerdings nicht außer Acht gelassen werden, daß sich das tschechische Schrifttum auch zur Zeit des katholischen Barocks weiterentwickelte und daß viele Repräsentanten der Gegenreformation bewußte tschechische Patrioten wa­ren, die wegen der Verbreitung ihrer Ansichten verfolgt wurden. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß die unbedingte Mehrzahl der Bücher, und zwar sowohl der böhmischen als auch der mährischen, im 17. und 18. Jahrhundert in deutscher, eventuell in lateinischer Sprache erschienen sind. Auch nachdem die nationale Unterdrückung des tschechischen Volkes nach seiner nationalen Wiedergeburt am Ende des 18. Jahr­hunderts nachgelassen hatte, erschienen jährlich schätzungsweise nur zwanzig tschechi­sche Titel. Und gerade ins 18. Jahrhundert fällt die Entstehung der meisten tschechi­schen handschriftlichen Bücher religiösen und profanen Inhalts. Im großen und ganzen kann angenommen werden, daß sie die Lücke in der damaligen ärmlichen Produktion tschechischer Drucke ausfüllen sollten. Es wurden belehrende, popularisierende, vor allem aber Gebet- und Gesangsbücher und ähnliche Werke abgeschrieben, nicht nur protestantische, sondern auch katholische, von denen im 18. Jahrhundert unvergleich-

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