Viga Gyula: Hármas határon (Officina Musei 4. Miskolc, 1996)

(Auszug)

Einen charakteristischen Typ unter den Spottversen stellen jene kurzen Erzählungen dar, die - manchmal auch in Verse gefaßt - eine kleinere Geschichte zu den einzelnen Siedlungen berichten. Diese charakteristische Folkloregattung ist in ganz Europa bekannt. Allein auf dem ungarischen Sprachgebiet wird auf diese Weise von 173 Siedlungen erzählt. Im Raum Felső-Bodrogköz gibt es außerordentlich viele dieser Folkloreschöpfungen, die mit dem Ort Kisgéres in Verbindung stehen, zumeist jedoch ein internationales Folkloresujet darstellen. Im zweiten Teil der Studie wird untersucht, warum die rein ungarischen und die der reformierten Kirche zugehörigen Siedlungen innerhalb dieser Kunstgattung so eine zentrale Stellung einnehmen. Als Gründe werden hier in erster Linie die Bewahrung von Traditionen, der konservative Charakter dieser Kultur und die diese (ebenfalls) indizierende, bis zum zweiten Weltkrieg bestehende strenge Endogamie sowie das Fortleben der Groß-familien-hierarchie genannt. In diesem Kapitel wird darauf hingewiesen, daß diese Folkloregattung auch heute noch besteht, so daß durch den Einfluß des öffentlichen Lebens, nicht zuletzt durch den des Fernsehens, auch heute noch Anekdoten von Wandersieuten entstehen, die als moderne Dorfspottverse dann auch vorgetragen werden. FEIERTAGE UND IHRE BRAUCHÜBERLIEFERUNGEN In den meisten Gebieten von Felső-Bodrogköz ist bei der ungarischsprachigen Einwohnerschaft auch heute jene Tatsache noch nicht in Vergessenheit geraten, daß sich nämlich auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahrhunderten auch intensive Migrationen abgespielt haben, und daß an der Formung des heutigen Antlitzes der hiesigen Kultur verschiedene Ethnika und Religionen beteiligt waren. Besonders das Nebeneinander von ungarischen, ruthenischen und slowakischen Volksgruppen, bzw. von Angehörigen der römisch-katholischen, der griechisch-katholischen und der kalvinistischen Kirche war bestimmend in der Tradition der Dörfer des hier untersuchten Raumes, und sie alle gemeinsam gestalteten auch die Festtagsbräuche. Die meisten Bräuche zu besonderen Tagen sind an irgendeine Religion gebunden, denn die konfessionellen Liturgien bedeuteten einen stärkeren vereinenden Faktor als die die unterschiedlichen Ethnika voneinander trennenden Tendenzen. An dieser Stelle sollte jedoch angemerkt werden, daß durch die Grenzregulierungen nach dem Beschluß von Trianon auch der Anteil an den verschiedenen Konfessionen beeinflußt wurde, was für die Betroffenen im nunmehr tscheslowakischen Staat neue Bedingungen bedeutete. Die gesamte Kultur und innerhalb dieser auch die Volksbräuche waren dadurch geprägt, daß es - abgesehen von ein paar kalvinistischen Dörfern an der Grenze - in den meisten der Siedlungen von Felső-Bodrogköz zwei oder drei verschiedene Konfessionen gab. Ganz besonderes Augenmerk wird in der Studie den Ruthenen gewidmet, deren Brauchtum in engem Zusammenhang mit dem Wandel der Rolle der griechisch­katholischen Kirche steht, und die in der Landschaft Bodrogköz schon recht früh zugegen waren. (Von geringerer Bedeutung waren die erst nach dem zweiten Weltkrieg hier angesiedelten Gruppen, vor allem die sog. Chruschowen) . In der Studie wurden die Überlieferungen zu zwei großen christlichen Festtagskreisen, nämlich Ostern und Weihnachten, untersucht. Ganz besondere Beachtung kommt dabei dem Festtagstisch und vor allem den feierlichen Weihen zu. Zahlreiche Daten belegen, daß die Weihen eine Übergangsstellung zwischen der katholischen Liturgie und der volkstümlichen Religiosität eingenommen haben. So

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