A Herman Ottó Múzeum Évkönyve 46. (2007)

Orosz György: „Elbeszélés a 12 péntekről” Egy apokrif írás vándorútja az európai kultúrákban

„DIE SAGE VON DEN 12 FREITAGEN" Die Wanderung einer apokryphen Schrift in den europäischen Kulturen In den geistlichen Volksgesängen der orthodoxen Russen findet sich der Freitag in zwei Erscheinungsformen. In den Volksgesängen, die als „Freitag" betitelt sind, erscheint dieser Tag in personifizierter Form als Frau Freitag (Pjatnica), deren Gestalt in gewisser Hinsicht mit der Hauptgöttin Mokos des von Vladimir Svjatoslavic I. in Kiew errichteten heidnischen Pantheons in Verbindung gebracht werden kann. Der Kult der Frau Freitag, obwohl er manche Züge der vorchristlichen heidnischen Glaubenswelt der Slawen beibehalten hatte, verschmolz eigentlich mit der Tradition, die sich um die Person der griechischen Märtyrerin, der Heiligen Paraskeva (,Freitag') herausgebildet hatte. Die Gestalt von Frau Freitag deckt sich aber in manchen Fällen mit der der Hochheiligen Gottesgebärerin des Christentums. Ein Teil der sich auf den Freitag beziehenden Verbote (z. B. darf man an diesem Tag nicht aus Asche Lauge sieden, Wäsche waschen und spülen, das Kind baden) gelangte in die Glaubenswelt des Volkes bei den Russen, aber auch in die geistlichen Volksgesänge, sicherlich aus der Apokryphenliteratur. In den russischen geistlichen Volksgesängen und Prosatexten, die den Titel „Von den zwölf Freitagen" tragen, lernen wir den Freitag in einer ganz anderen Rolle kennen. Als Ausgangspunkt für die kultische Verehrung der zwölf Freitage diente bei den Russen die apokryphe Schrift „Die Sage von den 12 Freitagen", die überlieferungsgemäß dem Heiligen Klemens, einem Römer, zugeschrieben wird. Unter den zahlreichen Schriften, die unter seinem Namen erhalten sind, gilt nur eine einzige als authentisch: der „Brief an die Korinther". Die apokryphe Schrift „Die Sage von den 12 Freitagen" des Heiligen Klemens, deren religiös-kultureller Hintergrund der römische Katholizismus war, verbreitete sich überall in Europa. Die Texte der Klemens-Gruppc kommen als Varianten auch in französischer, provenzalischer, lateinischer, griechischer, deutscher, ungarndeutscher, italienischer, englischer und ungarischer Sprache vor. Die Sage von den zwölf Freitagen des Jahres hat aber auch einen anderen Typ. Das ist die Eleftherios-Gruppe. Diese Bezeichnung beruht darauf, dass der Liste der Freitage ein einleitender Teil vorangeht, der den Glaubensstreit zwischen dem Christen Eleftherios (Elefterie, Jelevferij, Jelferij) und dem Juden Terasios (Terasie, Tarasie, Tarsej, Tarasij, Taraska) beschreibt. Die russischen geistlichen Volksgesänge gehören zu der Klemens-Gruppe, aber auch ein Teil der Prosatexte zählt dazu. Den indirekten westlichen Ursprung der Volksgesänge und der Sagen verrät auch die Tatsache, dass der Name des Papstes Klemens aus Rom in ihnen oft erhalten blieb. In der altrussischen Literatur waren auch die Sagen von den zwölf Freitagen der Eleftherios­Gruppe vertreten. Das Vorhandensein des Eleftherios-Typs bei den Rumänen bezeugen manche Textvarianten, und er findet sich in Ungarn bei den Rumänen auch heute noch. Die in den verschiedenen europäischen Sprachen vorhandenen Textvarianten der Eleftherios­Gruppe sind auf eine byzantinische apokryphe Geschichte zurückzuführen, deren Flauptinhalt folgendes ist: wie erwarb sich der Christ Eleftherios das Geheimnis der zwölf Freitage von Malho, dem Sohn des jüdischen Glaubensstreiters, der Terasios heißt. Die Eleftherios-Geschichte byzantinischen Ursprungs überschritt die Grenzen der slawischen Länder und überhaupt der Orthodoxie, und gelangte nach dem katholischen Deutschland. Hier diente er im Mittelalter für Hans Rosenplüt (XV Jh.) als Grundlage für das Verfassen eines Fastnachtspieles („Ein disputaz eins freiheits mit eim Juden"). György Orosz 386

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