A Herman Ottó Múzeum Évkönyve 42. (2003)
KÖZLEMÉNYEK - Veres László: Die wallonischen Erinnerungen an die Trauben- und Weinkultur in Nordungarn
entwickelt hatte, wurde er gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf 70% des Weingebietes angebaut. Aus dieser Rebsorte wird auch der weltberühmte Tokajer Aszú hergestellt. Die Abstammung des Furmint beschäftigte ab dem 18. Jahrhundert, aber auch heute noch, im außerordentlichen Maße die Ampelographen, Sprachforscher und Historiker. Von den wissenschaftsgeschichtlichen Darlegungen abgesehen kann ich nur nach den heutigen Kenntnissen zusammenfassen, mit der Betonung, dass viele Fragen auch heute noch nicht beantwortet sind. Die Ergebnisse sind nicht eindeutig. Heute wird allgemein angenommen, dass der Name „Furmint" von dem lateinischen Wort „frumentum" stammt. Nach Meinung einer der Forschergruppen stammt das Wort aus dem Norditalienischen, wo es ursprünglich „Weizentraube" bedeutete oder besser gesagt, die Trauben hatten eine Farbe, die der Farbe des Weizens ähnelt. Dieser Denkansatz ist aber schwierig, denn aus dem norditalienischen Gebiet kann eine solche Rebsorte nicht nachgewiesen werden. Überzeugender und nachweisbarer scheint die zweite Behauptung, dass der Name von französisch-wallonischer Abstammung ist. Die Region in den nordfranzösischen Sprachgebieten, wo man eine Rebsorte mit dem Namen „forment", „formentau", „tormente" usw. findet, kann man mit der Region verbinden, aus der die nach Ungarn gezogenen Wallonen stammten. Nach Meinung der Ampelographen war Sirmonien das Zentrum der Ausbreitung des heutigen MittelDonau-Furmint. Aus den dortigen französisch-wallonischen Siedlungen gelangte er, zusammen mit dem Namenwechsel, nach Tokaj-Hegyalja. Auch indirekte Angaben weisen darauf hin. Unter ihnen gibt es solche geografische Namen, in denen das Wort Sirmonien vorkommt. Ein zweites wichtiges Andenken aus dem französisch-wallonischen Weinbau ist das als typisch betrachte Rebenmesser von Tokaj-Hegyalja. Mit diesem Werkzeug konnten drei verschiedene Arbeiten verrichtet werden. Mit dem geschärften, herausragenden, viereckigen Teil (balta) wurden die Weinstöcke gesäubert, mit der Spitze wurden die kleineren Nebenzweige abgeschnitten und die Haarwurzeln gesäubert, mit der scharfen Klinge wurden die größeren Äste beim Ansatz abgeschnitten. Die ältesten Exemplare dieses Typs kamen bei archäologischen Ausgrabungen in den Siedlungen aus dem 12. und 13. Jahrhundert zum Vorschein. Ihre Form hat sich in den darauf folgenden Jahrhunderten kaum geändert. Da man in der originalen ostungarischen Weinkultur die Ranken nicht schnitt, ist es deutlich, dass das Werkzeug ein Zubehör der Anbaumethode im Westen war, wo man schneidet. Somit ist dieses Werkzeug mit den Wallonen zu verbinden. Die Ethnografie bestätigt, dass die Wallonen von TokajHegyalja bei der Verbreitung des Rebenmessers mit drei Funktionen in Nord- und Westungarn eine Rolle spielten. Das Werkzeug wurde noch breiter eingesetzt, es fand eine Neueinführung statt, nachdem der Furmint in Tokaj-Hegyalja eingeführt worden war. Die vollständige Ausbreitung des Rebenmessers fand im 16. und 17. Jahrhundert erneut durch den französisch-wallonischen Einfluss statt. Bis zum 16.-17. Jahrhundert war in Tokaj-Hegyalja der kurze oder lange Schnitt verbreitet. Dies bedeutet, dass die aus den Rebenstöcken sprießenden Reben auf 3-5 Augen zurück geschnitten wurden. Dieses Schneiden konnte nicht nur mit Rebenmessern, sondern auch mit anderen scharfen Werkzeugen erledigt werden. Die Verbreitung des Furmint verlangte eine ganz neue Schneidemethode, und zwar die so genannte „Kahler Kopf-Methode". Das einzige brauchbare, praktische Werkzeug dabei war das von den Wallonen abstammende Rebenmesser. Das Prinzip der „Kahler KopfMethode" war, dass die Ranken ganz Weinstock entfernt wurden, damit die Trauben so nah wie möglich am Boden waren. Die Luft kühlt sich nämlich vor der späten Weinlese 632