Solymos Ede (szerk.): Studien zur europäischen Traditionellen Fischerei - Bajai dolgozatok 3. (Baja, 1976)

Andrásfalvy, Bertalan: Fischerei und allgemeine Wirtschaft in den Überschwemmungsbebieten Ungarns

stürzten die aufgestauten Wassermassen mit vereherender Gewalt ins umlie­gende Gebiet und gruben sich einen neuen Weg. Wenn der Wasserstand der Donau wieder zurückging, blieben die übergeströmten Wassermassen im Überschwemmungsgebiet stehen. Im Hochsommer stieg die Temperatur des ausgetretenen Wassers und die darunter begrabene Vegetation begann zu faulen. Wiesen, Wälder, aber auch die Fische und andere Kleintiere gingen in dem sauerstoffarmen Hochwasserrückstand zugrunde. Ungarns legendärer Fischreichtum, den Gelehrte des 15. und 16. Jahr­hunderts preisen und dessen Ausmass laut den Reiseberichten eines fran­­zözischen Mönches aus dem 14. Jahrhundert dem Fischbestand Norwegens gleichkam, war keine Zufälligkeit, sondern das Resultat einer planmässi­­gen Zusammenarbeit mit der Natur, ein Erfolg menschlichen Denkens und Handlens. Die Laichzeit der Fische fiel mit der Hochwasserperiode der Donau zu­sammen. Dieser Umstand war für die Vermehrung des Fischbestandes in der Donau selbst nicht gerade günstig. Was hat man nun getan ? Man stach die natürlichen Flussdämme an und öffnete so dem Wasser gleicher­­massen Tore, durch die es ohne eine Überschwemmungskatastrophe zu verur­sachen kontrolliert austreten konnte. Mittels Kanälen leitete man das Was­ser weiter vom Hauptstrom der Donau zu ihren Altarmen ab, welche als Fischteiche dienten. Für die von Menschenhand geöffneten Tore gab es schon im Mittelalter einen ungarischen Terminus, nähmlich fok. Da es in der lateinischen Sprache kein entsprechendes Wort gab, begegnen wir dem Ausdruck fok also einem ungarischen Wort, in zahlreichen lateininschen Urkunden. Allerdings ver­suchte man, den ungarischen Terminus mit -porta aquae, ostia, meatus, alveus, fossatum, canalis, piscina etc. lateinisch darzustellen, welche Bezeichnungen der Funktion des fok auch entsprechen, denn das fok war tatsächlich ein Wassertor, durch welches alljährlich den Altarmen der Donau und ande­ren als Fischteiche genutzten Gewässern frisches Wasser und Fische zu­­flossen. Wenn die Fische in den Altarmen, die wie schon gesagt als Fisch­teiche dienten, abgelaicht hatten, suchten sie mit dem Rückgang des Hochwassers ihren Weg zurück in den Hauptstrom der Donau. Aber die fokok (Mehrzahl: fok) wurden für sie zum unüberwindlichen Hindernis. Die an jedem fok errichteten Sperren sicherten reichlichen Fischfang. So ein fok füllte also nicht nur den Bestand der Fischteiche regelmässig auf, son­dern stellte selbst einen hervorragenden Fangplatz dar. Eigentumsrechtlich war diese Form der Fischwirtschaft dermassen geregelt, dass jene die Eigen­tümer eines bestimmten Fischteiches waren, die ein fok zu dessen Bewässe­rung gegraben hatten. 60

Next

/
Thumbnails
Contents