Solymos Ede (szerk.): Studien zur europäischen Traditionellen Fischerei - Bajai dolgozatok 3. (Baja, 1976)
Barabás, Jenő: Zur Problematik des Fischereiatlas
aber eben nur eine Form der Annäherung an ethnographische Fragen ist. Gegenüber anderen Forschungsmethoden weist der Atlas jedoch einige Vorteile auf. So bringt er die einzelnen Kulturerscheinungen in räumliche Ordnung und ist imstande, Zusammenhänge zu veranschaulichen. Weiters ist der Atlas eine sehr rationelle Form der Datensammlung: eine grosse Angabenmenge erhebt nur bescheidenen Platzanspruch. Der gegen den Atlas erhobene Vorwurf, dass er ,,nur” eine Datensammlung darstelle, besteht leider oft zu recht, doch darf dem entgegengehalten werden, dass die dem Anspruch einer Datensammlung genügende Karte nur der niedrigste Typ in einem Atlas ist, bzw. sein sollte. Ein ethnographischer Atlas kann weit höheren Ansprüchen gerecht werden. Der wesentliche Zweck eines ethnographischen Atlas besteht darin, die regionale Differenziertheit der Volkskultur zu beleuchten und so Kulturstrukturen und historische Zusammenhänge erkennbar zu machen. Es ist wohlbekannt, dass die regionale Differenziertheit der Volkskultur kein Zufallsergebnis ist, sondern sich als Konsequenz geschichtlich-sozialer Entwicklungsprozesse darstellt. Die regionale Differenziertheit lässt also Schlüsse auf die Entwicklungsvorgänge zu. Um die auf der Karte registrierte kulturelle Differenziertheit deuten zu können, ist es nicht nur wünschenswert, sondern unumgänglich notwendig, sich mit den wichtigsten gesellschaftsgeschichtlichen Momenten und Tendenzen vertraut zu machen und sich über die Regeln der Diffusion klar zu werden. Neben den gesellschaftsgeschichtlichen Faktoren sind es geographische Faktoren und solche der jeweiligen Erscheinungsweise einer Kultur, welche den Vorgang der Diffusion bestimmen, ln bezug auf den Fischerei-Atlas haben die beiden letztgenannten Einflussfaktoren besondere Bedeutung. Die Erscheinungsform der volkskulturellen Elemente kann je nachdem materiellen oder geistigen Charakter annehmen, sie kann optisch oder vokal Gestalt annehmen, sie kann sich in der Verhaltensweise äussern. Nicht ohne Bedeutung ist dabei die Frage nach der sozialen Einbettung, nämlich in welchem Masse die Elemente der Volkskultur einen aktiven oder passiven Bestandteil der Gesamtheit oder nur eines Teiles der Gemeinschaft bilden. Demgemäss wird ein Fischerei-Atlas nur dann von Wert sein, wenn er über den Charakter einer Datensammlung hinaus imstande ist, die kulturellen Prozesse zu beleuchten. Betrachten wir zunächst das Problem der geographischen Darstellung. Da die Fischerei eine wassergebundene Tätigkeit ist, wird sie nicht auf der ganzen Erdoberfläche ausgeübt, sondern eben nur dort, wo Wasser ist. Dieser Umstand stellt bereits ein kartographisches Problem dar, da das 46