H. Tóth Elvira - Horváth Attila: Kunbábony (Kecskemét, 1992)
III. Die Requisiten und Rekonstruktion der Bestattung
ben. Bezüglich des Zeitpunktes der Grablegung können wir uns in jedem Fall ausschließlich auf das begleitende Fundgut stützen. SPEISEOPFER (Kat. 90.) Außerhalb des Sarges, ebenfalls am Kopfende des Grabes muß das durch Schafsknochen gekennzeichnete Speiseopfer gelegen haben, bei dem zwischen den Knochen eines ausgewachsenen und eines einjährigen Tieres unterschieden werden konnte. Nach dem Knochenmaterial des letzteren zu urteilen — unter Beachtung des Ablammens und Knochenbaus der Schafe — könnte deren Schlachtung und daraus folgend die Bestattung des Khagans in den Herbstmonaten geschehen sein.59. Da uns aus unseren Fürstenfunden keine auf Speiseopfer hindeutenden Tierknochenfunde bekannt sind - vermutlich wurden sie nicht eingesammelt, ähnlich wie das anthropologische Material —, können wir die Tierknochen des Fundes von Kunbäbony lediglich mit unseren Kenntnissen aus den awarenzeitlichen Grabfunden sowie den Eigenheiten der Tierknochenbeigaben ähnlichen Alters aus der Umgebung des Fundortes vergleichen. Abgesehen von der Gesamtauswertung unserer Tierknochenfunde awarischer Gräberfelder im Karpatenbecken unter archäo-zoologischen, wirtschaftshistorischen Gesichtspunkten60, ist im allgemeinen die Auswertung der Eigenheiten von Tierknochenfunden der jeweiligen Gräberfelder, ihr Vergleich mit den Parallelen charakteristisch. Zielstellung der umfassenderen Bewertung der Tierknochenfunde einzelner kleinerer oder größerer Teilgebiete war die Klärung von Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit der Beurteilung des Bestattungsritus', der Tierknochenbeigaben sowie mit methodischen und ethnischen Fragen.6’. Die daran anknüpfende umfassende Material- und Datensammlung bietet jedoch zugleich eine annähernde Synthese über den entscheidenden Teil der erhaltenen, bestimmten und publizierten Tierknochenfunde unserer awarenzeitlichen Gräber. Auf 59. Laut Bestimmung und freundlicher mündlicher Mitteilung von Sándor Bökönyi, wofür ich ihm auch auf diesem Wege Dank sagen möchte. 60. BÖKÖNYI: 1974. 61. MÓRA: 1932, 61. TOMKA: 1969, 59-90. FRIESINCER: 1971, 197-267. SZŐKE, B. M.: 1979, 51-103. SZABÓ, J. CY.: 1981, 65-69. BARTOSIEWICZ: 1984-85, 1986, 77-95. deren Grundlage können wir feststellen, daß — in der frühawarischen Epoche neben den Reiterbestattungen und der Grablegung von abgezogenen Pferde— und Rinderhäuten — die Beigabe des dem Verstorbenen zustehenden Teils des Totenmahls eine verhältnismäßig seltene Erscheinung ist. Von der Mitte oder dem letzten Drittel des 7. Jh. an wiederum erhöht sich die Zahl dieser Tierknochenbeigaben sprunghaft.62. Ein gutes Beispiel dafür ist das Tierknochenmaterial der ersten Gräbergruppe des Gräberfeldes Kunpe- szér-Felsőpeszéri út., das aus den 14 geretteten Gräbern stammt und überwiegend mit frühawarenzeitlichem Fundgut zum Vorschein kam. Unter den 14 Gräbern fanden sich in einem Männergrab, einem Frauengrab und zwei Kindergräbern keine Tierknochen als Speisebeigaben, in mehr als 70% der Gräber war Fleisch die Speisebeigabe. Das Alter der Gräbergruppe ist in die Mitte des 7. Jh. anzusetzen.63. Eine augenscheinliche Veränderung zeigt die davon abweichende Verteilung unserer Tierknochenfunde der an das Ende des 7. Jh., Anfang des 8. Jh. datierbaren zweiten Gräbergruppe. Unter den 11 Gräbern mit Beigaben dieser Gruppe fanden wir 6 mit Rinder- oder Schafsteilen, Geflügelbeigaben, bzw. in einem Fall Teile von Geflügel, in einem Fall aber vom Rind. Ohne andere Tierknochenbeigaben kam aus einem weiteren Kindergrab ein Ei zum Vorschein. In kaum 64% dieser Gräber gab es also Speisebeigaben, während die dazwischen liegenden, in den Humus eingelassenen 5-6 Dienergräber völlig ohne Fleischspeisenbeigaben waren. Im Falle des Gräberfeldes Szabadszállás—Batthyány utca, das ähnlichen Alters wie die zweite Gräbergrup- pe ist, fanden sich in Zweidrittel der insgesamt 65 Gräber zumeist reichliche Tierknochenbeigaben. Darunter steht nach der Bestimmung durch S. Bökönyi an erster Stelle das Schaf das in 31 Gräbern vorkam. In der Mehrzahl der Fälle allerdings handelt es sich um die Grablegung von zusammen mit dem Schädel und den Fußknochen abgezogenen Häuten. Daneben ist das Geflügel am häufigsten: 24 Gräber, danach in der Reihenfolge das Rind: 14, das Schwein: 3. Aus jeweils einem Grab kamen Teile eines Pferdes, Hundes bzw. Fuchses zum Vorschein. Gleichzeitig zur Grablegung der Teile von Schafen, Rindern und vereinzelt sonstigen Tieren in der frühawarischen Epoche taucht der Brauch auf - und er ist auch über die spätawarische Epoche hinaus ver62. SZABÓ, J. Cy.: 1981, 65. 63. Die Gräbergruppe wird von meinem Lektor István Bóna aufgrund der am Fundort zum Vorschein gekommenen Ohrgehänge mit Pyramidenanhänger zusammen mit den Cräbern von Szentendre in das erste Viertel des 7. Jh. datiert. 68