H. Tóth Elvira - Horváth Attila: Kunbábony (Kecskemét, 1992)
VI. Die Lehren des Fundes von Kunbábony und seiner Parallelen für die awarenzeitliche Forschung
der ziselierten Bandringe (Kat. 78—79.), unter denen die den letzteren nahestehende Typenvariante von einer Münze in das erste Viertel bzw. Drittel des 7. Jh. datiert wird, wobei dieser Typ bis zum Ende des Jahrhunderts in Benützung war (s. Anm. 929-930). In den gleichen Kreis führen uns die Parallelen des durchbrochenen Blechbandes unseres Köchers (Kat. 52.) sowie der Bandarmreifen (Kat. 25-26.). Schmuckstücke, die innerhalb unseres Fundes wiederum unmittelbar an die gerippten Bandverzierungen der Beschläge des Köchers, Trinkhorns usw. anknüpfen. Träger der vielleicht ältesten hunnenzeitlichen Traditionen sind innerhalb des Fundes die zur Gürtelgarnitur mit Granulationsdekor gehörenden Stücke (Kat. 29-37.), deren sehr frühe Datierung - Ende des 6.-An- fang des 7. Jh. — immer mehr Verbreitung findet. Es scheint aber notwendig, die Zeit ihrer Fertigung und ihres Auftretens im Karpatenbecken gesondert zu behandeln. Darauf werden wir weiter unten noch zurückkommen, da allem Anschein nach gerade diese Verzierungsart im Kreise unserer awarenzeitlichen Gürtel und deren Zubehör am wenigsten Wurzeln gefaßt hat. Lohnend wäre es beispielsweise für unsere Forschung, zu überlegen, welche archaischen Elemente der hunnenzeitlichen Traditionen außer den mittelasiatischen Elementen von der im letzten Drittel des Jahrhunderts eintreffenden Neuansiedlerwelle - wenn auch nur für kurze Zeit- aufgefrischt werden. Das Kunbäbonyer Ensemble mit Granulationsschmuck wirkt für sich genommen eklektisch, konnten wir doch die Parallelen zu den Formen der Bleche seiner zweiteiligen Hauptriemenzunge im Fund von Perescepino, der des maskenverzierten Dolches in dem von Arzybaschewo, die Grundformen seiner Riemenzungen aber in den Funden von Kertsch und der oberen Wolgagegend antreffen. Die Teile des Ensembles aber verbinden die Zierelemente verwandter Konstruktion miteinander, und darunter bilden höchstens die Randbeschläge der Trinkgefäße eine Ausnahme. Allerdings muß auch angemerkt werden, daß der Abnutzungsgrad der angeführten Elemente ebenfalls unterschiedlich ist. So zeigen beispielsweise die Nebenriemenzungen Spuren einer wesentlich hochgradigeren Abnützung als das Blechpaar der Hauptriemenzunge, das vermutlich auch noch von einer Rahmenfassung geschützt wurde. Vielschichtig ist der Fragenkreis der Trinkgefäße unseres Fundes bzw. der diese zierenden Goldbeschläge. Die Randbeschläge der Trinkhörner folgen in ihrer Struktur dem in den europäischen Funden erhaltenen Typus des alten iranischen Edelmetall- Rythons, ohne daß jedoch der riesige Zeitraum zwischen den beiden Epochen, ob nun in Europa oder Asien, von Funden als Verbindungsglieder überbrückt würde. Unser ganz aus Gold gefertigtes Trinkhorn aber steht innerhalb der awarenzeitlichen Funde zweifellos den Trinkhörnern der Funde von Sze- ged-Átokháza und Nagyszentmiklös näher als den einheimischen Randbeschlägen oder deren östlichen Parallelen. Wesentlich schwieriger ist es jedoch, im bekanntlich breiten Kreis der metallenen Trinkgefäße des 7. Jh. genaue Analogien für unser Goldgefäß mit Zellschmuck zu finden. Ähnliche Zierelemente lassen sich nur im Fund von Glodosy, näher verwandte Formen aber nur unter den östlichen Parallelen erahnen. Ebenfalls in diesen Kreis führt der die Traditionen hunnenzeitlicher Holzgefäße weiterführende Gefäßhenkel, und entfernte Nachkommen der hunnischen Fürstenfunde sind die im Kreis der nomadischen und germanischen Völker in gleicher Weise weitervererbten granuliert, punziert bzw. gepreßt verzierten Randbeschläge. Letztere verbindet nur eine einzige wirkliche Analogie der Awarenzeit — nämlich die Beschläge von Andocs — mit unserem einheimischen Fundmaterial. Echte Parallelen zahlreicher anderer Gefäßbeschläge lassen sich - trotz unseres Fundes — nur unter den bischer weniger beachteten oder verloren gegangenen Stücken der osteuropäischen Fürstenfunde ausmachen. Nur aufgrund des „Bogenenden'-Paares mit gegensätzlich stehendem, asymmetrischen Zellwerk läßt sich im Fund von Maloje Perescepino auf einen ähnlichen goldbeschlagenen Zeremonienbogen wie in Kunbäbony schließen. Das deutet darauf hin, daß von beiden Khaganen zur Bekundung der Rechtmäßigkeit ihrer Macht die hunnischen Würdezeichen bewußt getragen wurden. Und gleichzeitig ist dies ein guter Anhaltspunkt, um dem so umstrittenen Ethni- kum des Eigentümers des Fundes von Maloje-Peres- cepino näher zu kommen. Ebenfalls aus hunnischer Hinterlassenschaft läßt sich die Herkunft des mit Metallbeschlägen geschmückten Gesichtstuches ableiten, dessen Auftreten von Inner- und Zentralasien bis hin zum Karpatenbecken verfolgt werden kann. Aber auch im Hinblick auf diese Eigenheiten nahm der Khagan keine Sonderstellung unter der awarenzeitlichen Bevölkerung ein, trug er doch, die Klenodien abgerechnet, ebensolch ein Perlenamulett, Ohrgehänge, die verzierte Peitsche, Tasche. Tube usw. bei sich wie die in den Gräberfeldern ruhenden vornehmeren Krieger. Was dennoch den Anschein erwecken könnte, daß die Fürstenfunde des Böcsaer Kreises und die Gräberfelder des Gemeinvolkes nur schwerlich synchronisierbar sind, läßt sich teilweise mit der Gewichtung durch die einheimische Forschung erklären. Man war nämlich in hohem Maße bemüht, das mit der frühesten awarischen Ansiedlung bzw. der zweiten awarischen Einwanderungswelle verknüpfbare Fundmaterial einzugrenzen, sodaß unter den 216