H. Tóth Elvira - Horváth Attila: Kunbábony (Kecskemét, 1992)

V. Das Grab 2 von Kunbábony

Das einst aufgenagelte vergoldete Silberblechfrag­ment ist gewiß der Gruppe der Beschläge mit Granu­lation imitierender Punktreihenverzierung zuzuord­nen, obwohl sich seine ursprüngliche Form, Funktion aufgrund der Parallelen nicht eindeutig definieren läßt. Das Vorkommen dieser Gruppe, auf die wir im Zusammenhang mit der Untersuchung der Ring- knauf-Schwerter und der Gefäßbeschläge schon ein­gegangen sind, bewegt sich innerhalb weitergefaßter Grenzen. Wie wir sehen konnten, reicht die Verwenndung dieser Punktreihenverzierungen bis in die Spätawarenzeit hinein und taucht nicht nur auf den goldbeschlagenen Zopfspangen, sondern auch an Pferdegeschirren und Phaleren auf. Das mit Blattgold überzogene dünne Silberblech­fragment kann allein von seinem Material her nur als Kleiderschmuck gedient haben, was auch die Spuren des Aufnähens zeigen. Sein verbliebenes Saumteil verknüpft es mit dem breiter werdenden Band der Kat. Nr. 85. aus dem 1. Grab von Kunbäbony, dessen Ränder ebenfalls mit kräftigerem Material, vielleicht mit Leder angedrückt gewesen sein müssen. Seine Maße allerdings bringen es eher dem größeren trop­fenförmigen Blechpaar der Kat. Nr. 82. nahe — sicher ist, daß es vom goldgeschmückten Gewand einer hochrangigen Persönlichkeit zeugt und In dieser Hin­sicht fügt es sich zweifellos gut in die Reihe der Gräber mit Goldgewändern ein, wie das Khagan-Grab von Kunbäbony und die Gräber des Gräberfeldes Kiskörös-Vágóhídi dűlő es sind. Nicht geeignet zur Einordnung in einen bestimm­ten Typus oder zur Altersbestimmung sind hingegen das aus dem Grab stammende Knochenplattenfrag­ment eines Bogenbesatzes sowie die Stücke eines Eisenmessers und einige kleinere Eisenfragmente un­bestimmter Funktion. Sicher ist nur soviel, daß sich im Grab zwar ein Bogen befand, es unter den Funden aber keine auf Pfeilspitzen hinweisenden Fragmente gibt. Infolge der hochgradigen Zerstörung des Grabes jedoch kann auch deren Vorhandensein nicht ausge­schlossen werden. Bessere Vergleichsmöglichkeiten bieten die Sargklammern, obwohl auch darunter kein unversehrtes Stück ist, da allen die Spitzen fehlen. Die verbliebenen acht Fragmente aber sind in gutem Zustand. Sie sind schmal und vertreten im Verhältnis zu ihrer Breite von kaum 1,0 cm einen verhältnismä­ßig langen Typus. Ihr Rücken ist zumeist wie bei einem Bogen gewölbt, aber es gibt darunter auch ein Exemplar mit geradem Rücken und zurückgebogener Spitze. Ein solches Fragment jedoch, das auf ein rechtwinklig gebogenes Eckband bzw. auf die in sich zurückgeschlagene Boden- oder Deckelbefestigung hindeuten würde, kam nicht zum Vorschein. Zum Teil deshalb, müssen wir von einem Versuch der Rekonstruktion des Sarges absehen. Ansich ist aber auch das bloße Vorhandensein des Sarges mit Eisenklammern im Grab schon sehr vielsa­gend. In der Frühawarenzeit kommen Särge aus­schließlich in unseren vornehmsten Bestattungen vor, und dieser Brauch ist nicht asiatischen Ur­sprungs, sondern kommt aus als den örtlichen Tradi­tionen des Karpatenbeckens ent ,969 Wie sich im Rahmen der Rekonstruktion des Bestattungsritus' des Khagan-Grabers bestätigte, gehen die Särge mit Klammer nicht gesetzmäßig mit den Fürstenbestat- tungen des Kreises von Bocsa einher. Unter der fall­weise großen Zahl an Gräbern mit Sarg unserer früha- warischen Gräberfelder erhielten nur einige der höch­strangigen Verstorbenen — in einzelnen Gräberfel­dern nur jeweils einer - einen Sarg mit Eisenklam­mern.970 Häufiger ist diese Sargvariante unter den mittelawarenzeitlichen Fürstenbestattungen und in herausragend großer Zahl kommen sie in den mit diesen gleichaltrigen Gräbern des Gräberfeldes Kiskö­rös-Vágóhídi dűlő vor. Hier finden wir deshalb in erster Linie die schmale Typenvariante unserer Sarg­klammern,971 häufig im Wechsel mit den Typen mit breiterem Rücken. Rückblickend auf die Funde des Grabes, waren diese im Gegensatz zu jenen des Khagan-Grabes nicht fernen Traditionen folgende uralte Insignien der Würde oder langlebige Gegenstände. Annähernd zur gleichen Zeit hatte man sie für den bestatteten er­wachsenen Mann zum Gebrauch gefertigt, am Ende der Frühawarenzeit bzw. zu Beginn des Erscheinens des Fundmaterials mittelawarischen Typs. Sie sind ungefähr gleichaltrig mit den jüngsten Funden des Khagan-Grabes. Beigaben, die einen Anhaltspunkt für den Zeitpunkt ihrer Grablegung geben könnten, ka­men nicht zum Vorschein, allein die Sargklammern waren zur Zeit der Bestattung und zum Zwecke der Bestattung gefertigt worden. Ihre Beweiskraft aber wäre ansich nicht ausreichend. Den Fundkomplex als Ganzes betrachtet nehmen wir jedoch als sicher an, daß die Bestattung in einem Zeitraum stattgefunden haben könnte, in dem man bereits mit der Belegung unserer mittelawarischen Gräberfelder begann. Ein solch entscheidender Zeitunterschied zwischen den beiden Bestattungen hingegen ist nicht anzunehmen, daß die neuere Bestattung lediglich durch Zufall in der Nähe des bereits vergessenen Khagan-Grabes angelegt wurde. Welche Beziehung jedoch den nicht zur Dynastie gehörenden Krieger mit Goldschwert und Goldgürtel mit der Person des Khagans verband, auf Grund derer ihm das Recht einer solch nahen Bestattung zustand, entzieht sich unserer Kenntnis. 969. BÓNA: 1979, 15. 970. KADA: 1905, 362. 971. LÁSZLÓ: 1955, Taf. XVIII. 5-10, 12-14. 214

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