Levéltári Közlemények, 40. (1969)

Levéltári Közlemények, 40. (1969) 1. - TANULMÁNYOK ÉS FORRÁSOK A MAGYAR TANÁCSKÖZTÁRSASÁG TÖRTÉNETÉHEZ - Szinai Miklós–Szűcs László: Iratok az 1918–1919. évi magyar forradalmak történetéhez az Osztrák Külügyi Levéltárban / 105–136. o.

132 Szinai Miklós—Szűcs László augenblicklich für die Entente geradezu unmöglich, Truppen gegen Ungarn aufzustellen. Die Englän­der seien in Russland, in Egypten, in Afghanistan und am Rhein gebunden. Franzosen und Italiener könne man nicht mehr ausschicken, weil sie sonst selbst bolschewikisch würden. Solange Deutsch­land nicht unterschrieben habe, habe die Entente keine Truppen verfügbar. Erstwenn Deutschland unterschreibt, die Rheinarmee frei wird, könne sie den Tschechen helfen. Das mag übertrieben sein, sagte aber jedenfalls, dass die Entente gezwungen sein wird, alles daran zu setzen, dass Deutsch­land unterschreibt. Béla Kuhn (Sic!) hat den Deutschen sehr geholfen, was natürlich die Deutschen, deren Vertreter in Budapest täglich den unvermeidlichen Sturz der Räteregierung prophezeien, nicht verstehen. Cunningham fragte mich gestern, was wir tun würden, wenn die Rätediktatur hier unvermeid­lich würde. Er meinte, wir, nämlich die Sozialdemokraten überhaupt und vor allem Deutsch und ich # müssten mitmachen, sonst werde hier ein eben solches „Narrenhaus" entstehen, wie in Buda­pest. Ich sagte, dass ich das nicht tun würde, weil es meinen Ueberzeugungen widerspräche. Cun­ningham antwortete, ich solle mir das überlegen, es wäre meine Aufgabe, die Tendenz einer solchen Diktatur vom sozialen auf das nationale, vor allem auf die Gewinnung Deutschböhmens abzulenken. Ich antwortete, das Nationale bedeute vor allem den Anschluss, den doch der Widerstand der Entente entgegenstehe. Cunningham antwortete, der Widerstand der Entente gegen den Anschluss beginne sich zu verflüchtigen. Man sehe ein, dass man ihn schliesslich doch nicht werde verhindern können. Man werde uns im Friedensvertrage schwerlich beträchtliche Zugeständnisse machen, vom wirtschaft­lichen wenig ablassen, lieber den Anschluss geschehen lassen. Ich gebe auf Cunningham's Gerede nicht viel, glaube, dass er auf eigene Vorantwortung ohne Instruktion rede, dass er auch manches nur sagt, um Antworten, die er berichten kann, herauszufordern. Trotzdem scheint mir dieses Gespräch, dessen strengste Vertraulichkeit ich Cunningham zugesichert habe, sehr symptomatisch zu sein. Die Stimmung hier hat sich unter dem Eindrucke der Friedensbedingungen wesentlich geändert. Die Französlinge sind kleinlaut geworden. Alles sagt, jetzt bleibe kein anderer Weg, als der Anschluss. Gerade in den bürgerlichen Kreisen, die bisher am kühlsten waren, ist der Anschlussgedanke jetzt viel stärker als jemals zuvor. Auch der Gedanke einer Annäherung an Italien ist jetzt allgemein. Nach alledem bedarf es wohl keiner Begründung mehr, dass jedes Zurückweichen in der Sache des Anschlusses jetzt der grösste Fehler wäre. Brockdorff-Rantzau hat mich verständigt, dass die deutsche Regierung zunächst auf der Forderung des Selbstbestimmungsrechtes für Deutsch­österreich beharrt. Die Bindung des Anschlusses an einen Mehrheitsbeschluss des Völkerbundes sei nur eine Rückzugslinie, dieser Vorschlag sei der Entente bisher nicht gemacht worden. Ich glaube, dass, also auch wir uns hüten müssen, uns im gegenwärtigen Augenblicke auf diese Rück­zugslinie zu begeben. Ich bitte Dich daher dringend, vorläufig jede Erklärung über den Anschluss zu vermeiden. Die Dinge sind so im Rollen, und jeder Tag kann solche Veränderungen bringen, dass es töricht wäre, vorzeitig auf irgend etwas zu verzichten. Und dabei ist es durchaus möglich, dass der Anschluss leichter durchzusetzen ist, als irgend welche kleinere Zugeständnisse. Wie die kleinen Nationen jetzt die Entente behandeln, zeigt auch das Vorgehen der Süd­slawen. Sie haben Klagenfurt trotz dem ausdrücklichen Verbot der Entente und trotz der persön­lichen Anwesenheit des Generals Segré besetzt. Indessen waren Vertreter der Kärntnerischen Landes­regierung und der Konsul Hoffinger als mein Vertreter in Krainburg, um mit den Jugoslawen über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Die Verhandlung wurde auf Verlangen der Jugoslawen nach Laibach verlegt, und dort verlangten die Jugoslawen, dass die Demarkationslinie nördlich von Klagenfurt laufen solle, Klagenfurt in ihren Händen bleibe. Sie sagten unseren Vertretern, die Entente habe den Beschluss, dass Klagenfurt eine neutrale Zone bilden solle, widerrufen, und erpressten schliesslich die Unterschrift des Vortragsentwurfes durch die Drohung, sie würden sonst gegen St. Veit und Villach marschieren. Zur Zeit als dies geschah, war bereits ein italienischer Offizier in Krainburg eingetroffen, um zu erklären, die Entente bestehe darauf, dass unsere Demar­kationslinie nördlich, die jugoslawische aber südlich von Klagenfurt laufe. Die Jugoslawen aber hielten den Italiener absichtlich zurück, so dass er mit unseren Vertretern in Laibach erst sprechen konnte, als sie das Vertragskonzept schon unterfertigt hatten. Als unsere Vertreter nachher doch von dem Italiener erreicht wurden, verweigerten sie die Unterschrift der Reinschrift des Vertrages und meldeten mir den Vorgang. Ich gab ihnen nunmehr den Auftrag, den Vertrag keinesfalls zu unterschreiben, und gedenke, daran auch in dem Falle festzuhalten, wenn die Jugoslawen deshalb den Vormarsch fortsetzen. Mir wäre das gar nicht unerwünscht, da dies schliesslich doch zu einem Konflikt zwischen Italienern und Südslawen führen müsste. Für die Hilflosigkeit der Entente spricht schliesslich auch ihr heute bekannt gewordenes Ultimatum an Ungarn. Sie glauben offenbar, die Tschechen dadurch zu retten, dass sie den Ungarn als Preis für die Einstellung der Offensive die Einladung zu den Friedensvorhandlungen in Paris

Next

/
Thumbnails
Contents