Levéltári Közlemények, 40. (1969)

Levéltári Közlemények, 40. (1969) 1. - TANULMÁNYOK ÉS FORRÁSOK A MAGYAR TANÁCSKÖZTÁRSASÁG TÖRTÉNETÉHEZ - Szinai Miklós–Szűcs László: Iratok az 1918–1919. évi magyar forradalmak történetéhez az Osztrák Külügyi Levéltárban / 105–136. o.

Iratok 1918—1919 történetéhez az Osztrák Külügyi Levéltárban 131 Lieber Renner! Nach meiner Rückkehr aus Feldkirch fand ich die Lage hier nicht unerheblich verändert. Der Sieg der Ungarn über die Tschechen ist noch grösser und folgenschwerer, als ich angenommen hatte. Die tschechischen Truppen laufen, wie mir Cunningham sagte, in schmählichster Weise davon, lassen Artillerie und Munition liegen, in Prag fürchtet man ernsthaft den Verlust der ganzen Slowakei. Die tschechische Regierung macht die grössten Gegenanstrengungen. Sie hat über das ganze Staatsgebiet den Ausnahmezustand verhängt, Zivilpersonen wegen militärischer Delikte den Militärstrafgerichtsbarkeit unterworfen und das Rriegsdienstleistungsgesetz in Wirktsamkeit gesetzt. Eine Mobilisierung wird erwogen, doch scheut man vor dem Mobilmachungsbefehl in Deutschböhmen noch zurück. Die italienischen Offiziere wurden aus der Tschechoslowakei abberufen, die ganze tschechische Armee einschliesslich des Kriegsministeriums unter franzö­sisches Kommando gestellt. Die tschechische bürgerliche Presse macht den Sozialistenparteien erbit­tert Vorwürfe, weil sie den rechtzeitigen Vormarsch gegen Budapest durch ihren Einspruch ver­hindert hätten und weil sich Klofac als Kriegsminister unfähig erwiesen habe. In der Arbeiterschaft dagegen gährt es, weil die Leute wieder einrücken sollen. Cunningham, der auf die Tschechen wütend ist, sagte mir, der tschechische Staat stehe vor dem Zusammenbruche, für die Deutsch­böhmen nahe der Augenblick zu einer kräftigen Aktion und der Bolschewismus sei in Prag näher als in Wien. Mittwoch wird die Nationalversammlung in Prag zusammentreten und eine förm­liche Kriegserklärung an Ungarn beschliessen : Tusar, der mir dies mitteilte, fügte hinzu, dass die Sozialdemokraten für die Kriegserklärung stimmen müssten, da sie sonst von der nationalen Leiden­schaft, die durch die Niederlage aufgepeitscht sei, hinweggefegt würden. Für uns wird dieser neue Krieg die schwersten Folgen haben. Die Ungarn werden ein ver­stärktes Interesse daran haben, hier die Rätediktatur herbeizuführen, um den Transport von Entente­truppen und Ententemunition nach Böhmen unmöglich zu machen. Die Aussicht für sie ist nicht ungünstig. Die Kommunisten haben hier den von der Entente befohlenen Abbau der Volkswehr sehr geschickt ausgenützt, die Furcht der Volkswehrleute vor Entlassung treibt sie den Kommu­nisten zu. Daher ist die kommunistische Bewegung jetzt wieder im Aufstieg. Ausserdem werden die Kommunisten desto mutiger werden, je näher die Ernte rückt, da damit die Furcht, durch den Hunger sofort zur Kapitulation gezwungen zu werden, beseitigt wird. Dazu kommt noch die Wendung in der Führung der kommunistischen Partei: Friedländer und Strasser wurden als zu schwächlich abgesetzt und die Führung einem dreiköpfigen Direktorium, an dessen Spitze Toman steht, übertragen. Aus allen diesen Gründen glaube ich, dass die Kommunisten einen Putsch vor­bereiten, der vielleicht durch einen ungarischen Angriff gegen Wiener-Neustadt unterstützt wer­den könnte. Auf der anderen Seite verlangen die Tschechen von uns Lieferung von Munition und Waffen für ihren Krieg. Sie drohen, im Falle der Verweigerung mit Einstellung der Kohlentransporte. Ihre Forderung wird von den Franzosen vertreten, während sich Italiener und Engländer passiv verhalten. Ich habe die Forderung bisher abgelehnt und Tusar ganz offen gesagt, dass ich nichts geben könne, weil sonst hier ein Putsch käme, dass ich allerdings ohnmächtig sei zu verhindern, dass die Entente sich selbst nimmt, was sie haben will. Die Antwort war die Mitteilung, dass Diens­tag französische Offiziere nach Wöllersdorf gehen und dort Ausfolgung der Munition verlangen werden. Natürlich kann das zu einem Konflikt führen. Erklären die Tschechen an Ungarn den Krieg, so werde ich eine förmliche Neutralitätserklärung vorschlagen, was natürlich Munitions- und Waffenlieferungen ausschliessen würde. Aber die Gefahr, dass wir zwischen Tschechen und Ungarn dann doch irgend in eine schwere Krise hineingetrieben werden, bleibt sehr gross. Vorläufig ahnt allerdings die Oeffentlichkeit von dieser Gefahr noch nichts. Interessant wird auch das Verhalten der Polen sein. Die Not der Tschechen wäre natürlich für sie eine Versuchung, Ostschlesien zu besetzen. Aber damit würden sie die Entente herausfordern, die sich dann nur leichter entschlösse, in Preussisch-Schlesien Deutschland auf Kosten der Polen Zugeständnisse zu machen, um Deutschland zur Unterschrift des Friedensvertrages zu bewegen. Denkbar wäre auch, dass die Tschechen auf Teschen verzichten, um die Slowakei zu retten. Aber die tschechische Oeffentlichkeit ist auf Teschen dermassen festgelegt, dass das für die tschechische Regierung nicht leicht sein wird. Die Stellung der ungarischen Räteregierung ist durch ihre militärischen Erfolge natürlich gefestigt. Cunningham meint, dass auch die Gegner der Räteregierung ihren Sturz augenblicklich nicht wünschen, weil dies die militärische Aktion in der Slowakei schwächen und zugleich die Hoffnung auf die Hilfe der Russen, welche durch ihre Aktion am Dnjester die Kräfte Rumäniens binden, erschüttern würde. Die Entente selbst ist in einer geradezu lächerlichen Lage. Cunningham sagte mir, es sei 9*

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