Linzbauer, Franciscus Xav.: Codex Sanitario-Medicinalis Hungariae 1 (Budae, 1852-1856)

Mantissa

731 Blutsauger geworden ; die Vorbereitungen waren jedoch schon dazu vorhan­den. Der Henker, ein in seinem Handwerke ohne Zweifel sehr wahrhafter Mann, versicherte: dass wenn man die zum Feuer verurtheilten Körper in Stücke zerhieb, das Blut mit Gewalt und häufig daraus hervorschösse; ob er schon hernach mit grösster Gelassenheit bekannte, dass dieses häufige Blut etwann einen Löffel voll ausmachen könnte. Dieses ziehet in der Geschichte eine ziemliche Veränderung nach sich. Die ausserordentlichen Vorfallenheiten, welche man will beobachtet ha­ben , können in diese zween Punkten zusammen gezogen werden. Erstlich, dass die Körper der Todtenzauberer oder Vampyren nicht faulen, sondern ganz und beisammen bleiben. Zweytens, dass die Vampyren die Leben­digen durch Erscheinungen, Getümmel und durch Druckungen beunruhigen. Ueber diese zween Punkten werde ich so kurz, als es möglich ist einige An­merkungen machen. 2. §. Ob die Körper der Vampyren faulen. Ein Körper ist gemeiniglich zur Verfäulung gerichtet, durch welche alle Theile des Körpers, ausgenommen die Beine , fast gäntzlich verschwinden, und nur ein wenig von einer sehr leichten Erde zurück lassen. Die Fäulung aber geschieht im Grabe langsam ohne der geringsten Gewalt. Dieses wird dadurch erwiesen , dass , wenn man einen Sarg fünfzehen Jahre nach desselben Begräbniss eröffnet, und sich in Acht nimmt, dass der Sarg keinen Stoss bekommt, man vermeinet, der Körper liege unverletzet darinne. Mann kennet die ganze Gesichtsbildung, das Leilach, und all Fiebri­ges. Sobald man aber den Sarg nur ein wenig beweget, so zerfällt alles in Staub, und das Gebeine allein verbleibet. Dieweil die Todten mit der Zeit ihren Nachfolgern des Grabes halber Platz machen müssen, so hat man an vielen Orten 15 Jahre bestimmet, vor deren Verlauf die Todtengräber keinen Körper bewegen dürfen. Ich bin einige- male bey Eröffnung der Gräber gewesen, dass die Todtengräber mir einige Sargen ganz langsam aufgemacht. Hierdurch wurde ich überzeugt, dass wir nach unserem Tode den Wärmen nicht zur Nahrung werden, zum wenigsten nicht allezeit, weil sonst die Gesichtsbildung nicht wäre stehen geblieben. Wenn man die Gräber ausräumt, so fndet man zu Zeiten ganze Kör­per , welche nicht verfault, sondern vielmehr ausgetrocknet, von einer braun­lichten Farbe sind, und noch sehr hartes Fleisch haben, ohne dass man sie jemal vorhero einbalsamiret hätte. Ein Todtengräber versicherte mich , dass man unter hundert Todten gemeiniglich einen findet, welcher nur ausgetrock­net und ohne Fäulung sey. Hieraus schliesse ich, dass ohne Beihilfe einer übernatürlichen Ursache , ein Körper viele Jahre ungefault bleiben könne. Ich weis wohl, dass man vorgiebt, der Körper eines Vampyrs verbleibe nicht allein ohne Fäulung, sondern es besiehe das Fleisch auch in ihrer Fri­sche , die Gliedmassen behalten ihre Bügsamkeit. Allein auch dieses findet man ohne Wunderwerk. Da man die Körper der zwoen Erzherzoginnen, welche zu Brüssel ge­storben , nach Wien überbracht halte; so war ich gegenwärtig , als man die Sargen eröffnete. Die Gesichter waren ganz und die Nasenspitze beweglich etc. Es ist wahr sie waren einbalsamiret; allein die aromatischen Kräuter, die man dazu gelegt, waren schon ohne dem geringsten Geruch. Diese Erhaltung tnuss also zuvorderst den wohin erschlossenen bleiernen Sargen zugeeignet wer­den , welche nirgends keine Luft zuliessen, und also die Fäulung verhin­derten. 49

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