Linzbauer, Franciscus Xav.: Codex Sanitario-Medicinalis Hungariae 1 (Budae, 1852-1856)
Mantissa
730 Die Umstände dieses Zufalls befinden sich in dem Buche, welches den Xitel führet: Voyage au Levant par Mr. Tournefort. Und weil es nach Art und Weise der Briefen geschrieben ist, so steht gemeldte Geschichte im 3. Briefe. Diese Begebenheit kann zu erkennen geben, was man von derjenigen halten soll, welche sich in Ungarn in den Dorfschaften der Hajdonen jenseits der Theisse gegen Siebenbürgen im Jahre 1732 zugeiragen hat l). Die Zauberei) der Abgestorbenen (Magia posthuma) gieng damals in jenen Gegenden im Schwünge. Man nannte die Todten, welche so boshaft waren, Vampyri, und glaubte, sie saugen sowohl uns Menschen als dem Viehe das Blut2). Und wenn ein Mensch von dem Fleische eines solchen Viehes etwas genossen hätte, er der Ordnung nach selbst auch zum Vampyre würde; und auf was immer eine Art er zum Vampyren werde, als nemlich ein Leidender (passivus) im Leben, so müsste er nach dem Tode ein thätiger (activus) seyn; ausgenommen, er hätte vorher von der Erde des Grabes eines Vampyres gegessen, und sich mit desselben Blute gerieben. Allein es ist mir diese Begebenheit nur überhaupt bekannt, und ich vermeine , dass die mündliche Abhandlung (processus verbalis) über ihren Hergang im Anfänge des 1732. Jahrs gehöriger Orten eingereicht worden*). Die Ceremonien, welche man dabey hat beobachten müssen, sind von dem Hadnagy oder Amtmanne des Orts angeordnet worden, welcher in vam- pyrischen Angelegenheiten ziemlich erfahren seyn musste. Man stossete dem Vampyre einen sehr spitzigen Pfahl durch die Brust und durch den ganzen Körper. Hierauf wurde ihm der Kopf abgehauen. Alles wurde verbrannt, und die Asche in die Grube zusammen gescharret. Man kann geschwinde zu Vampyre werden. Denn der Vampyrismus steckt so sehr an, als die Krätzen. Man glaubt auch, dass der Körper eines Vampyrs in kurzer Zeit alle diejenigen Körper zu Vampyren mache, welche nach ihm in eben demselben Kirchof begraben werden, im Fall der erste nicht bei Zeiten vertilget werde. Da ich aber nicht von allen Umständen Nachricht habe, so will ich mich nur damit begnügen, dass ich hier einige Anmerkungen über diejenige Begebenheiten mache, welche erst vor kurzer Zeit durch Leute untersucht worden, welche von keinem Vorurtheile eingenommen sind, sondern klar sehen, und sich nicht so leicht hinter das Licht führen lassen*). Es ist wahr, dass unsere Vampyren vom Jahre 1755 noch zu keine erzählet diese Geschichte in seinen oben angeführten Buche 32. Cap. auf die nem- liche Weise , icie wir sie von Tournefort empfangen haben. >) Mehrere dergleichen Geschichten findet man aufgezeichnet in einem holländischen Kritiker, der uns unter dem französischen Kamen Le Glaneur im Jahre 1732 ist bekannt worden. Noch andere liest man in den sogenannten jüdischen Sendschreiben 1738, und in des Abten Calmet angezeigten Buche Cap. 8. :) Vampyr, oder auch Upyr ist ein schlavonisches Wort, und heisst ein Blutsauger. s) Karl der VI. Rom. Kaiser (seel. Angedenkens) übergab dieses Geschäft Alexandern, Fürsten von Winterberg , der dortmals das Königreich Servien verwaltete. 4) Dieser Zufall begab sich in einem Dorfe in Mähren , wie man in der ersten l\ote angemerket hat. Der Abt Calmet in seinem angeführten Buche 57. Capitel sagt, dass der Baron vön Tusseng (Toussiaint) ein Lotharinger, der seinen Herrn aller Orlen hin begleitet hat , vom 3. Auguslmonals 1746 aus Wien ihm geschrieben habe: Ihro Majeslet der Kaiser, Grossherzog von Toscana, haben sich im Jahre 1732 verschiedene gerichtliche Protoeollen von Untersuchung der Vampyren in Mahren geben lassen. Diese Protokollen werden in jenen Gegenden wie das Evangelium angesehen, ungeachl sie keinen Schallen der Wahrheit enthalten.