Grosse, Johannes dr.: Ignaz Philipp Semmelweis, der Entdecker der Ursache des Kindbett-Fiebers (Leipzig-Wien, 1898)

Erster theil. Die Wirksamkeit von Semmelweis in Wien

4 Simon Zeller geleitet, seit dem 15. September 1789 von dem bekannten Geburtshelfer Johann Lucas Boér, welcher am letzten October 1822 pensioniert wurde. ln den 39 Jahren vom 16. August 1784 bis letzten De­cember 1822 betrug auf der geburtshilflichen Abtheilung des k. k. allgemeinen Krankenhauses die Mortalität an Puerperalfieber nur 1-25%. Nachdem jedoch Professor Klein als Boer’s Nachfolger an die Spitze der geburtshilflichen Klinik getreten war, nahm die Mortalität an Puerperalfieber in bedenklichster Weise zu. Sie betrug in der zehnjährigen Zeit vom 1. Januar 1823 bis letzten December 1832 bereits 5-30%­Es sei gleich an dieser Stelle bemerkt, dass, während die Medicin in Wien früher der anatomischen Grundlage noch entbehrt hatte, dieselbe in den erwähnten zehn Jahren bereits auf anatomischer Grundlage betrieben wurde. Nachdem am 15. October 1833 die geburtshilfliche Klinik getheilt worden war, verschlimmerten sich die Zustände noch mehr. Innerhalb der acht Jahre vom 1. Januar 1833 bis letzten December 1840 betrug die Mortalität an Puerperalfieber bei Klein, welcher die erste Abtheilung übernommen hatte, 6'56°/0; dagegen bei Bartsch, dem Vorsteher der zweiten Abtheilung, 5-58°/0­Auf beiden Abtheilungen waren sowohl Mediciner als auch Schülerinnen unterrichtet worden. Erst im Jahre 1839 trat infolge eines Regierungserlasses die wichtige Neuerung ein, dass alle Mediciner der ersten Abtheilung, alle Schülerinnen der zweiten Abtheilung zugewiesen wurden. Semmelweis machte den praktischen Cursus auf der ersten Abtheilung zweimal durch und wendete sich bereits am 1. Juli 1844 an Professor Klein, den Vorstand der ersten Gebärklinik,3) mit dem Ersuchen, bei der nächsten Vacanz als Assistenzarzt eintreten zu dürfen. Aber erst im Jahre 1846 kam es dazu, dass er in solcher Eigenschaft in die geburtshilfliche Abtheilung des k. k. allgemeinen Krankenhauses eintrat. 3) Vergl. Herzig, das medicinische Wien, 1844, p. 77 ff.; desgl. 2. Aufl., Wien 1848, p. 77 ff.

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