Kalocsai Főegyházmegyei Körlevelek, 1943
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— 41 — 4 gibt, die uns ein neues Evangélium verkünden. Trotzdem bleiben wir bei Christus! Wir gehen weder rechts, noch links! Wir brauchen kein neues Evangélium! Wir brauchen kein neues Kreuz! Wir wollen das Evangélium Christi und haltén zu jenem Kreuze, durch welches wir erlöst wurden, denn wir wissen, dass wir nur in diesem Evangélium und in diesem Kreuze unser Heil finden für Zeit und Ewigkeit. Christus und nur Er alléin ist der Weg, die Wahrheit und das Leben! Die andere Scene, welche ich euch vorführen will, beschreibt der heilige Lukas im 19. Kapitel seines Evangeliums. Drei Jahre wanderte der göttliche Heiland durch die Stádte und Dörfer Palestinas. Drei Jahre lang bot er alles auf, um seine Landsleute zu retten nicht nur von der ewigen Verdammung, sondern auch vom irdischen Verderben. Und als er sah, dass alle seine Mühen vergeblich seien, weinte er über das Volk, über sein dem Verderben entgegengehendes Vaterland. Einige Tage vor seinem Leiden geschah es. Der Heiland nahte sich mit seinen Jüngern vom Ölberge her der Stadt Jerusalem. Die heilige Stadt und der Tempel von Jerusalem, der Stolz aller Juden, strahlten im Sonnenschein. Stadt und Tempel botén ein herrliches Bild. Die Jünger waren ganz entzückt von dem Bilde, welches vor ihren Augen lag. Sie schauten und schauten das herrliche Bild und der Heiland — weinte. Auch er sah den Strahlenglanz, das herrliche Bild, welches die heilige Stadt bot, aber sein göttliches Auge sah auch etwas anderes. Sein göttliches Auge sah in die Zukunft und das, was es in dieser Zukunft schaute, war so erschütternd, so betrübend, dass es ihm Tránen aus den Augen presste. Er sah die Stadt von feindlichen Heere umschlossen; er sah den heiligen Tempel in Flammen aufgehen; er sah die Háuser in Trümmern liegen; er sah seine Landsleute zu hunderttausenden sterben an Hunger und von feindlichen Schwertern und aus seinem Herzen quollen die Wort'e: „Jerusalem, Jerusalem, wie oft wollte ich deine Kinder versammeln, wie die Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt, du aber hast nicht gewollt. Wenn doch auch du erkannt háttest, was dir zum Frieden dient! Aber du hast die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt!" Prágen wir uns diese Scene tief in unsere Herzen ein! Diese Scene sagt uns, wie innig der Heiland jenes Land liebte, welches seiner menschlichen Natúr nach sein Vaterland war. Was gab es ihm? Eine armselige Krippe im Stalle zu Betlehem und ein hartes Kreuz auf Golgota und das, was zwischen diesen beiden lag, die 33 Jahre seines irdischen Lebens waren voll von Entbehrungen, Verfolgungen und Leiden und dennoch liebte er dieses Land, weil es sein Vaterland war. Er liebte das Volk, die Hauptstadt dieses Landes. Diese Scene ist ein ewiges, göttliches Beispiel für uns, welches uns sagt, dass auch wir, seine fíachfolger, jenes Land lieben müssen, in dem unsere Wiege stand, das wir unser Vaterland nennen. Wir müssen es lieben mit seinen Bergen und Tálern, mit seinen Fluren und Áckern, mit seinem Volke und allém, was sein ist. Wir müssen es lieben, wie der Heiland sein Vaterland liebte: mit einer uneigennützigen, tátigen, opferwilligen Liebe. Wir müssen es lieben, auch wenn wir nichts von ihm bekommen, wenn es uns in seiner Armut weiter nichts geben kann, als ein Stück trockenen Brotes. Es ist noch nicht lange her, da stritten sich manche um die Frage herum, was uns lieber sei: die Kirche oder das Vaterland, mit anderen Worten: was sind wir an erster Stelle: Ungarn, Deutsche oder Christen? Für uns, für die Katolíken Ungarns, gibt es diese Frage nicht. Wir kennen die Worte Christi: „Suchet vor allém das Reich Gottes" und wir bekennen mit dem Apostel Petrus, dass „wir Gott mehr gehorchen müssen, als den Menschen", aber seitdem der Apostel Ungarns, der heilige König Stefan das Kreuz Christi in dieses Land pflanzte und seitdem das Volk dieses Landes das süsse Joch Christi auf sich nahm, mussten wir nie die Frage stellen, ob uns die Kirche lieber sei oder das Vaterland, denn zwischen diesen beiden gab es nie einen ernsten Zusammenstoss. Das Reich des heiligen Stefans ist seit tausend Jahren christlich, es ist auch heute cbristlich und wir Katoliken Ungarns hangén mit gleicher Liebe an beiden: an Kirche und Vaterland, ja wir behaupten mit tiefster Überzeugung, dass nur der jenige ein guter Katolik sei, der dem Vaterlande treu ergeben is, wie wir auch nur den jenigen für einen guten Patrioten haltén, der die Zukunft unseres Vaterlandes aut jenem Fundamente aufbauen will, welches der heilige Stefan gelegt hat. Treue zu Christus und Treue zum Vaterland! Das ist meine Bitté zu euch. Meine Lieben! Als mich Papst Pius XI. seligen Andenkens im Dezember 1928 zum Titularbischof von Orthosia ernannte und zum Weihbischofe des damaligen Bischofs von Győr bestellte, wáhlte ich das Bild des heiligsten Herzens Jesu zum Wappen. Diesem heiligsten Herzen weihte ich mich und mein bischöfliches Wirken. Dieses heiligste Herz wird auch unter euch mein Vorbild sein und dieses heiligste Herz wird, wie ich dies in kindlichem Vertrauen hoffe, auch mein Schutz und Beistand sein. Diesem heiligsten Herzen weihe ich euch. Sein Segen sei mit euch allén! Amen. Kalocsa, den 12. Juli 1943. t JOSEF m. p. Erzbischof.