Inventare Teil 8. Inventar des Kriegsarchivs in Wien (1953)

I. Band - 1. Die Entwicklung des archivalischen Besitzstandes

3 schäften mit zugehörigen Effekten und Schriften in Verwahrung zu nehmen, nunmehr aber wieder der hofkriegsrätlichen Sperrkommission auszufolgen waren 15). 1743 hatte Schottel die aus Belgrad stammenden und einge­langten „Servischen Administrationsacten“ zu sortieren und davon, „was cameralisch“ sei, der Hofkammer zu übergeben. Die Sache zog sich durch mehrere Jahre hin, wobei die Hofkammer anscheinend aus diesem Bestand sehr viel beanspruchte, denn 1748 wurde der Archivar beauftragt, Justiz­akten und Turcica zurückzubehalten und, falls sie verlangt würden, dagegen Vorstellungen zu erheben 16). 1746 kamen auf Antrag des Expeditors Schwei­zer Justizakten und Protokolle samt einigen Musterlisten und Standestabellen ins Archiv, 1748 machte Schottel auf die Akten aus der Feldkanzlei des FM. Grafen L. A. Khevenhüller aufmerksam, die sich noch in der Hand des Feldkriegskanzlisten Allio befänden, „die aber ins Archiv gehören“ 17).. Von der aufgelassenen Garnison Leutschau in Ungarn waren die Kommando­akten des Platzes zu übernehmen18). Dann wendet sich Schottel wieder mit der Bitte um eine grundsätzliche Regelung an seinen Vorgesetzten: die Regi­stratur wäre anzuweisen, das „sogenannte Repertorium mit denen schrifften bis 1736“ abzugeben, „umb die gleichheit der jahren“ zu erzielen, und künftig wäre alljährlich der älteste Jahrgang aus beiden Kanzlei-Abteilungen abzu­führen, damit dort eine gleiche Anzahl von Jahrgängen verbleibe19). 1750 waren die Archivalien der Innerösterr. Kriegsstelle (Grazer HKR.) und des dortigen Ober-Militärdirektoriums aufzunehmen20). Diese Beispiele über den Aufbau des Archivs bis zur Mitte des 18. Jahr­hunderts lassen erkennen, daß man bald daran ging, auch außerhalb des HKR. erwachsenes militärisches Schriftgut, so solches aus Feldkanzleien oder auf­gelösten Behörden zu erfassen. Teilweise dürfte derartiges Material auch schon vor der Gründung des Archivs beim HKR. hinterlegt worden sein, und die kriegerischen Zeitläufe seit 1711 boten weiterhin genug Anlaß zum Ent­stehen militärischer Akten von historischem Wert21). Gar zu planmäßig und vollständig darf man sich das Erfassen von Feldakten in jenen Zeiten seit dem Aufkommen des stehenden Heeres allerdings nicht vors teilen, dem standen zu viele Hemmnisse entgegen. Vor allem waren die schriftlichen Ausfertigun­gen persönlich an die Befehlshaber in Briefform gerichtet, Dienst- und Privat­schreiben waren weder in äußerer Form noch inhaltlich scharf abgegrenzt, und als solche zu erfassen; zahlreiche Dokumente, die nach heutigen Begriffen 15) HKR. Prot. Justiz, 1742 — 20. März — fol. 212. 16) HKR. Prot. Reg. 1743 — 27. Juni — fol. 1384, 3. Juli — fol. 1456, Exp. — Juli — fol. 1956, Reg. 1747 — 27. September — fol. 1735, Reg. 1748 — 22. Jänner — fol. 131, 22. März — fol. 478, Exp. — März — fol. 354 und Juni — fol. 707. 17) HKR. Prot. Exp. 1748 —- Juni — fol. 717 und Reg. — 6. Juni — fol. 880, Nr. 42; Khevenhüller war am 26. Jänner 1744 gestorben. w) HKR. Prot. Reg. 1748 — 25. April — fol. 668, Nr. 267. 19) HKR. Prot. Exp. 1748 — Juni — fol. 728. 20) HKR. Prot. Reg. 1750 — 28. Jänner — fol. 173. — Siehe auch S. 144. 21) Für die bei den Kommandostäben der Heerführer befindlichen Feld­kanzleien teilte der HKR. das Personal zu. So begann Schottel seine Laufbahn 1709 als Feldkriegskanzlist beim Stabe des FM. Daun in Italien; 1716 war er in gleicher Eigenschaft im Hauptquartier des Prinzen Eugen unter dem Hof- und Feldkriegs­sekretär Brockhausen eingeteilt (HKR. Prot. Reg. 1709 — 8. April — fol. 268, Nr. 89 und 1716 — 8. Mai — fol. 714, Nr. 128/5. Feldzüge des Prinzen Eugen, XVI. Bd., S. 100 versehentlich „Schrettel“ gedruckt! ). Es ist anzunehmen, daß dieses Kanzleipersonal, namentlich wenn der Feldherr, wie Prinz Eugen selbst, HKR.-Prä- sident war, nach Beendigung des Feldzuges wenigstens mit den wichtigen Akten zur Zentrale nach Wien einrückte. 1

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