Inventare Teil 8. Inventar des Kriegsarchivs in Wien (1953)

I. Band - 1. Die Entwicklung des archivalischen Besitzstandes

4 als Dienststücke zu gelten haben, blieben im Besitz der hohen Offiziere und fanden so den Weg in die privaten Familienarchive oder Nachlässe. Auffallend ist, daß Schottel, nachdem er vom HKR. den sicherlich recht umfangreichen Bestand bis 1700 übernommen hatte, nach weinigen Jahren schon immer weitere, jüngere Jahrgänge der Verwaltungsakten zu­gewiesen erhielt, so daß 1748 der jüngste Archivjahrgang (1736) nur mehr 12 Jahre zurücklag. Bemerkenswert ist auch das Bestreben Schottels, vom HKR. die Festlegung einer „Archivgrenze“ zu erwirken22 *). Jedenfalls hatte das Archiv um die Mitte des 18. Jhdt. einen weit umfangreicheren Bestand als die HKR.-Kanzlei zu verwalten. Für den Amtsnachfolger Joseph Hagl, der 1760 zum Vorstand vor­rückte28), blieb die seit 1729 geltende Dienstvorschrift in Kraft. Ein Bericht des FZM. L a c y 1764 an den HKR.-Präsidenten FM. Daun über das Archiv gewährt eine Übersicht über die 9 Zimmer füllenden Bestände24). Feldakten waren bis „Ende des jetzt verflossenen“ (siebenjährigen) Krieges vorhanden und noch in Bearbeitung begriffen. L a c y erkannte, daß nur ein geordnetes, übersichtliches Archiv brauchbar sei, und als Generalquartiermeister lag ihm das Kartenwesen besonders nahe. Seine Vorschläge verfolgten daher zwei Absichten: aus den aufgespeicherten Papiermassen alles Überflüssige aus­zumerzen 25) und aus dem vorhandenen kartographischen Material für die Armee nötige Karten und Pläne hersteilen und vervielfältigen zu lassen. Ein Ereignis, das für den HKR. von Wichtigkeit war, erlangte auch für das Archiv einschneidende Bedeutung. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens ließ Kaiser Josef II. das freigewordene Profeß- und Schulhaus „Am Hof“ als Amtsunterkunft für den HKR. ausbauen26). Als vorbereitende Maßnahme hatte 1774 das Archiv auf Ausmerzung aller entbehrlichen Akten Bedacht zu nehmen27). Archivar Hagl legte eine aufschlußreiche Bestandsübersicht vor mit Angabe, was vom den Archivalien zu belassen oder zwecks Ausschei­dung zu sichten wäre28). Als das fertiggestellte HKR.-Gebäude bezogen wurde, bot dies den Anlaß, das hofkriegsrätliche Archiv neu zu organisieren. Das Planarchiv des Genieamtes wurde angeschlossen, blieb aber unter Verwaltung von Genieoffizieren; am 21. 12. 1776 erließ der HKR.-Präsident FM. Graf Hadik eine neue Dienstinstruktion29). Großes Gewicht wurde auf geo­graphisches und kartographisches Material gelegt, zum erstenmal wird auch eine militärische Büchersammlung (Stamm der Archiv-Bibliothek) erwähnt; wenn aber außer Archivalien im weitesten Sinn auch Denkmünzen, Druck­platten, Muster und Modelle von militärischen Maßen, von Hand- und Feuer­waffen, dann Amtssiegel genannt werden, so drückt sich darin die Absicht aus, eine Zentrale zu schaffen, die möglichst vieles auf das Kriegswesen Bezügliche umfassen sollte. Die Neueinrichtung des Archivs wurde auch den 22) Die 1741 erlassene Dienstinstruktion für den HKR. (Entwurf) schrieb zwar vor, daß alle über zehn Jahre zurückreichende Akten alljährlich an das Archiv abzuführen seien, doch scheint die Durchführung nicht so rasch in Gang gekommen zu sein. Fellner-Kretschmayr, a. a. O., 1/1, S. 295, 1/3. S. 429. 28) HKR. 1760—125—Mai/461. 24) J. Langer, a. a. O., S. 10 ff. — Original in der Sammlung „Geschichte des KA“. 25) Vgl. S. 46. 26) L. Eberle, Das Kriegskanzleihaus am Hof, Wien, 1913. 27) HKR. 1774—55—93. 2S) HKR. 1774—55—145. Leider sagt Hagl nichts über den zahlenmäßigen Umfang der damaligen Bestände. 29) J. Langer, a. a. O., S. 14 ff.

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