Inventare Teil 8. Inventar des Kriegsarchivs in Wien (1953)

I. Band - 1. Die Entwicklung des archivalischen Besitzstandes

5 Landes-Generalkommanden mitgeteilt, die aus ihren Beständen zur Aus­gestaltung des Archivs beizutragen hatten30). Mit der Hadi k’schen Reform wurden die Gesamtbestände in sachliche Gruppen gegliedert, mithin wurde wieder auf ein Auswahlsystem übergegan­gen, das von zusammenhängenden Aktenserien nur die Feldakten der ein­zelnen Kriegsepochen berücksichtigte, aber sonst die Aufnahme geschlossener Archivkörper, wie ganzer Aktenjahrgänge von Behörden oder Kommissionen nicht vorsah. So waren auch die aus dem normalen Geschäftsgang des HKR. seit Jahren erwachsenen Schriften und Protokolle, die bis zur Mitte des Jahr­hunderts bereits ins Archiv abgeschoben worden waren, wieder vom HKR. zu übernehmen. Lediglich die nach der neuen Archivordnung für dieses in Be­tracht kommenden Stücke waren dem Archivar abzuführen; desgleichen hatten das Genie-, Artillerie-Hauptzeugs- und das Invalidenamt zu verfahren. Dieser Vorgang war naturgemäß nicht so rasch erledigt, überhaupt scheinen die seit Lacy’s Vorschlag ergangenen Weisungen betreffs Ausscheidung überflüssiger Akten noch zu keinem Erfolg geführt zu haben, denn 1777 erhielt der Proto­kollsdirektor neuerlich den generellen Auftrag31), alle beim HKR. vorhandenen Akten durchzuarbeiten und davon auszuscheiden: was nicht dem HKR. gehöre (daher an andere Hof stellen, untergeordnete Militärbehörden oder an private Familien abzugeben sei) 32 33), was nunmehr dem Archiv zufallen und was zu vertilgen sei. Beschädigte Stücke sollten ausgebessert, die 1699 bei einer Feuersbrunst in der Hofburg verlorenen Protokolle neu verfaßt werden. Unter den genau angegebenen Aktengruppein scheinen auch fast alle jene geschlos­senen Bestände auf, die Schottel und H a g 1 bisher schon eingelagert hatten. Als Kaiser Josef II. 1779 die aktenmäßige Beschreibung der letzten Feldzüge zurück bis 1740 anordnete, lenkte er zur notwendigen Ergänzung der vorhandenen Quellen die Aufmerksamkeit auf Familienarchive, Nachlässe sowie auf Akten der Hof- und Staatskanzlei8S). So wurde auch die Erfassung von im Privatbesitz befindlichen Archivalien, allenfalls — wie der Kaiser amdeutete — durch Abschriftnahme, angebahnt. 1782 erging noch ein Nach­trag zur Dienstinstruktion des Archivars: nach Sterbefällen unter dem höheren Personal des HKR. sei sofort Nachschau nach hinterlassenen Dienststücken zu halten; überdies hatten die Archivbeamten jede Gelegenheit zu benützen, um geeignetes Material zur Vermehrung der Bestände ausfindig zu machen, daher auch auf im öffentlichen Verkauf und in Handelskatalogen auf­scheinende, erwerbenswerte Stücke zu achten. Das Streben, den Ausbau der Anstalt zu fördern, wurde aber durch eine Maßnahme erschwert, die den Dienstbetrieb des Archivs neuerlich, jedoch abseits seiner eigentlichen Aufgaben vermehrte. 1783 wurde beim HKR. eine „Militär-Depositen-Administration“ errichtet34) und mit dem Archiv zu einer Art Doppelwesen verbunden. Den Archivbeamten wurde die Mitsperre und damit die Verantwortung übertragen. 30) Z. B. Weisung an das Generalkommando in Siebenbürgen, 21. XII. 1776. (Sammlung „Geschichte des Kriegsarchivs“.) si) HKR. 1777—32—348 und 388. 32) So wurden bereits 1776 der Hof- und Staatskanzlei türkische und nieder­ländische, ferner der ungarischen Hofkanzlei ihr zugehörige Akten ausgefolgt. HKR. 1776—55—292 und 308. 33) Handbillet des Kaisers an FM. Graf Hadik vom 22. November 1779, HKR. Prot. 1779. G. Nr. 9055, Mémoires, XXVIII—5. (Abschrift). 34) HKR. 1783—18—524/1; Vgl. S. 138.

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