Inventare Teil 7. Inventar des Wiener Hofkammerarchivs (1951)

Das Wiener Hofkammerarchiv

Das Wiener Hofkammerarchiv XXIII Direktor (Baumberg) zwei Archivsadjunkten, drei Registranten und zwei Akzessisten: alle konnten die Absolvierung der „Humaniora“ nach weisen, alle bis auf einen juridische Studien, fünf „Philosophica“, einer besaß sogar theologische Kenntnisse, einer hatte „eloquentiam profanam“ studiert; die lateinische Sprache beherrschten alle, dazu jeder mindestens eine der nicht­deutschen Landessprachen (ungarisch, „sclavisch“, italienisch), der franzö­sischen Sprache allerdings waren nur zwei Beamte mächtig, und auch die nur „im nothfall“. Alles in allem ein relativ hoher Bildungsstand für Angehörige eines bloßen Hilfsamtes — denn von der Einstufung der Archive als wissen­schaftlicher Anstalten war man noch weit entfernt. Die Aufgabe der Archive beschränkte sich damals allerdings auch tat­sächlich auf die Bereitstellung des der Verwaltung notwendigen Rüstzeuges, vielfach zur Entscheidung strittiger, prozessualer Angelegenheiten, — an wissenschaftlicher Benützung ist vor 1848 ein einziger Fall nachweisbar: 1754 hatte der n. ö. Landschaftssekretär Franz v. Scheyb der Kaiserin Maria Theresia „vorgestellet, wasmassen er einen ganzen Zusammenhang aller in das bereits durch einige jahrhunderte zwischen dem königreich Hungarn und diesem erzherzogthum Oesterreich unter der Enns fürdauernde gränitzgeschäfft einschlagenden Handlungen privato studio verfasset habe, jedoch solches von darumén nicht an das licht tretten lassen könne, weilen er die urkunden, worauf sich bezohen wird, bloss aus denen gedruckten bücheren und anderen nicht-authentischen schrifften gezogen, bittend, womit ihme, um dieses werck desto nuzlicher zu machen, nicht allein die einsicht in die zu dieser Sache dienliche bey hof befindliche schrifften verstattet, sondern auch solche aus­zugsweis abschreiben zu lassen, erlaubet werden möchte“; die Kaiserin ent­sprach seiner Bitte und ließ den Archivsekretär v. Cronberg anweisen, v. Scheyb Einsicht in die „verhandenen hierzu dienlichen Originalurkunden einzugestehen“, ja ihm „mit deme, was etwa sonsten an derley gränitz-actis und documentis vorhanden und ihme nicht bekannt seyn dörffte, zu desto gründlicherer aus- führung seiner entworffenen deduction behörig an die hand zu geben keinen anstand zu nehmen“. Es war ein besonderer Gunstbeweis — im allgemeinen galt damals und späterhin, was das Hofkammerdekret vom 24. Jänner 1811 aussprach: „Seine k. k. Mt. haben jede mittheilung von aktén an partheyen sowohl in abschrift als mündlich oder durch einsicht in dieselbe ... wieder - hohlt und unter strafe der dienstesentlassung auf das strengste verbothen“; Gesuche von Parteien, das Archiv benützen zu dürfen, waren von Fall zu Fall zu entscheiden, die Erlaubnis wurde auf jene Fälle beschränkt, die „durch gesetze und Verordnungen vorgeschrieben“ waren. Die Einschätzung der Archive als bloßer Hilfsämter macht die 1762 von Maria Theresia aufgeworfene Frage verständlich, ob denn das Hofkammer­archiv nicht der Hofkammerregistratur einverleibt oder doch wenigstens sein Beamtenstand stark verkleinert werden könnte. Glücklicherweise war sich der damalige Hofkammerpräsident Graf Seifried Herberstein der admini­strativen Wichtigkeit dieses großen und reichen Archives bewußt und war auch imstande, der Kaiserin die Notwendigkeit einer sachgemäßen Betreuung „der finanz- und domainensachen von mehr dann 260 jahren hero“ für die praktische Verwaltung deutlich zu machen. Und die Kaiserin folgte seinem Einraten und Heß den Status des Hofkammerarchivs, das sie übrigens fünf Jahre zuvor, 1757, durch ihren Besuch ausgezeichnet hatte, unverändert. Freilich, selbst jene hohen Beamten, die sich in dieser ersten, aus den rechten Ort verfehlenden Ersparungsbemühungen entsprungenen Bestands-

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