Inventare Teil 7. Inventar des Wiener Hofkammerarchivs (1951)
Das Wiener Hofkammerarchiv
XXII Das Wiener Hofkammerarchiv Begräbnisstätten des Erzhauses, Hausprivilegien, Hungarica 1526—1554 (auch die Schriften der Königinnen Maria und Anna), „allerhöchste handunter - schriften“ 1526—1659, „notaten- und memorienbücher“ Maximilians I., das Lehenbuch Herzog Albrechts III. von 1380, Privilegien Wiens und anderer Städte u. a. m. Eine stattliche Liste, ein schwerer Aderlaß für das Hofkammer- archiv, wenngleich nicht alle Wünsche Hormayrs erfüllt wurden. Und diese umfänglichen, dem Hofkammerarchiv tiefe Wunden schlagenden Abgaben erfolgten ohne irgendeinen Versuch, sie zu verhindern oder auch nur einzuschränken. Als erster Archivleiter hat Franz Grillparzer an moderne archivwissenschaftliche Grundsätze wenigstens entfernt heranreichende Anschauungen vertreten, trotzdem er, weit entfernt von „archivalischem neid“, dem Gedanken einer Zusammenfassung des historisch wichtigen Schriftgutes an einer Stelle durchaus bejahend gegenüberstand. Er erhielt 1851 den Auftrag, alle „älteren Originalurkunden und handschriften abzugeben, welche in administrativer Hinsicht nicht mehr benöthigt, nur noch historisch wichtig seien“. In seinem daraufhin erstatteten Bericht vom 5. Juli dieses Jahres erwiderte er mit Recht, daß es „mit dieser Scheidung zwischen administrativem und historischem interessé eine schwere Sache“ sei. „Alle diese litteralien“, so schreibt er, „sind denn doch ursprünglich zu administrativen zwecken ausgefertigt oder doch gesammelt worden, und es ließe sich kaum bestimmen, ob bei besitz- streitigkeiten oder entschädigungsforderungen das eine oder andere dieser stücke nicht als heweismittel dienlich oder nöthig seyn sollte. Anderseits ist aber das haus-, hof- und Staatsarchiv innerhalb der gränzen desselben Staates und es wird sich eben gefallen lassen müssen, im erforderungsfalle von seinem historischen Standpunkte herabzusteigen und über an dasselbe gerichtete geschäftsfragen rede und antwort zu geben, indem es die benöthigte urkunde aufsucht und beibringt. Zugleich ist es vom historischen Standpunkte wirklich wünschenswerth, daß eine centrale über alle solche ältere urkunden bestehe, wozu das haus-, hof- und Staatsarchiv vor allem berufen scheint“. Daher ist er auch sofort bereit, den über Graz an das Hofkammerarchiv gekommenen Teil des alten „Schatzgewölbes“ dem Staatsarchiv zu überlassen: es waren 8182 Urkunden (dazu fünf Registerbände), drei Lehenbücher der Grafen von Görz und Cilli und eine 1564 für Graz angefertigte Abschrift des Schatzgewölberegisters von Wilhelm Putsch. Ganz energisch aber — und mit durchschlagendem Erfolg — wandte sich Grillparzer gegen die ihm zugemutete Abtretung einzelner Bände der sogenannten „Gedenkbücher“: „es wäre unverantwortlich, diese zusammengehörige Sammlung zu zerstören und wegen vereinzelter, aus diesen büchern allenfalls zu schöpfenden historischen notizen die finanziellen aufklärungen und geschäftlichen belehrungen zu missen, welche diese bücher theils vor allen aktén, theils später im zusammenhange mit den aktén gewähren ... “ Daß diese Vielfalt ausgesprochen archivarischer Aufgaben in einer (bedenkt man den Stand der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Archivwissenschaft) erstaunlich glücklichen Art bewältigt werden konnte, spricht sehr für die Berufsfreudigkeit und Tüchtigkeit der Beamten des Archivs. Nachdem noch in karolinischer Zeit „hieher Delille, seiner kunst ein maler, dann ein alter abgematteter rollist Feckersperger als registranten angestellet worden“, begann man bereits zu Ende des 18. Jahrhunderts die Aufnahme neuer Beamten an Bedingungen zu knüpfen, die weit über denen lagen, die man den sonstigen „Registratursverwandten“ stellte. Nach einer Konduite- liste des Jahres 1799 arbeiteten damals im Hofkammerarchiv neben dem