Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Ungarische Akten, von Josef Karl Mayr
So wie die Abteilung Österreichische Akten (oben S. 1) bilden auch die Ungarischen Akten ein verworrenes Gemisch zahlreicher Archivsplitter,1 das nicht leicht zu klären ist und hier, dem Gesamtpläne des Werkes entsprechend (Bd. I S. 157*), mit allen seinen Mängeln beschrieben werden muß. Schon bald nach der Gründung des StA. 1749 wurde eine ungarische Archivabteilung geschaffen (vgl. Bd. I S. 139*, 146* und Bd. III S. 101 ff.), die damals hauptsächlich ungarische Urkunden, einige türkische Aktenstücke und später auch die Kollárschen Handschriften (Bd. Ill S. 262) umfaßte. 1750 hat Rosenthal verschiedene „acta Hungarica, tarn diaetalia quam alia publica“ von 1548—1615 aus der alten Prager Reichshofkanzleiregistratur ins StA. bringen lassen. Noch im selben Jahre kamen diesem auch einige ungarische Akten der österreichischen Hofkanzlei von 1647 bis 1723 zu. Bald darauf scheinen auch die Erasmus Graf Tattenbachschen Prozeß- und Güterliquidationsakten, die zum Teil halb vermodert in der Grazer Hofbibliothek lagen, ins StA. gebracht worden zu sein. Das Pottendorfer Archiv des Judex curiae Franz Graf Nádasdy, eines der Haupträdelsführer der Magnatenverschwörung von 1670, der auch die Herrschaft Pot- tendorf besaß, ist noch 1671 beschlagnahmt worden. Zugleich sind auch die Administrationsakten seiner übrigen österreichischen und ungarischen Herrschaften eingezogen worden. Erstere wurden der allgemeinen Hofkammer, letztere der ungarischen Hofkammer übermittelt.1 2 Die Hochverratsakten befinden sich heute im StA. Sie setzen sich im wesentlichen aus den Beständen der österreichischen Hofkanzlei — der österreichische Hofkanzler war Präsident des judicium delegatum — sowie aus jenen Akten zusammen, die ihr nach Abschluß des Prozesses von der allgemeinen Hofkammer, dem innerösterreichischen geheimen Rate und von der Preßburger Untersuchungskommission3 eingeliefert worden waren. Zehn Bände Zrinyi- und Frangepane-Akten von 1676—1679 sind 1825 an das Hofkammerarchiv abgegeben und weitere Administrationsakten Zrinyischer und Frangepane- scher Güter von 1670—1692 1846 aus Graz4 übernommen worden. 1753 hat Rosenthal weitere Pottendorfer Herrschaftsarchivalien ins StA. übertragen, und zwar neben fünf Aktenbünden aus dem Nachlasse des Staats- und Konferenzministers Gundacker Graf Starhemberg, des damaligen Herrschaftsbesitzers, stammender ungarischer Landtagsakten von 1722 und weiteren vier Aktenbünden über die Einrichtung des Temeser 1 Vgl. L. Bittner, Árpád yon Károlyi als Archivar, in: Levéltári Közlemények (ungar. Archivalische Zeitschrift) 1933, S. 20—22. 2 Über die 1765 bei der Preßburger Hofkammer befindlichen Archivalien der Familien Frangepane, Zrínyi und Sluni vgl. die Staatsratsakten 1051 und 1251 aus 1765. 3 Akten derselben befinden sich auch im kgl. ung. Landesarchiv in Budapest. 4 Die Tattenbachischen Prozeßakten erster Instanz befinden sich im steiermärkischen Landesarchiv in Graz (Joanneum), Keg. des StA. Z. 352/1888.