Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Bibliotheken des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, von Wilhelm Kraus

Vorgängern, wobei er ihnen sicherlich oft Unrecht tat, da er ihre Arbeits­bedingungen und die ihnen zu Gebote stehenden Möglichkeiten nicht kannte oder nicht berücksichtigte. Tatsächlich leistete er in den der Biblio­theksverwaltung gewidmeten Nebenstunden ersprießliche Arbeit. Zunächst ergänzte er alle von Schiel angelegten autoren- und mate­rienalphabetischen Zettelkataloge (der materienalphabetische fehlt heute). Dann stellte er energisch die ganze Büchersammlung nach Inhaltsgruppen auf und überreichte endlich Ende 1852 einen handgeschriebenen autoren- und materienalphabetischen Katalog in zwei großen Foliobänden.1 Die Ände­rung der Aufstellung bedingte eine neuerliche Änderung der Signaturen, die diesmal nicht durch Korrektur, sondern durch Überkleben einer neuen Etikette auf die alte durchgeführt wurde. Dabei wurde die Bezeichnung des Werkes mit einer arabischen Zahl aufgelassen, weil sie die Einschie­bung von Zuwächsen, die bei einer Materienaufstellung unbedingt not­wendig war, hinderte. Die neue Signatur, noch immer im Innern des Buches, enthält also die Nummer für Kasten und Regal (IB = Kasten I, Fach B). Arneth wußte wohl, daß man „an den umfangreichen Büchersammlun­gen der Neuzeit über die wissenschaftliche Aufstellung der Bücher1 2 gern mit Geringschätzung den Stab bricht“. Er führte sie trotzdem durch, weil die Bibliothek verhältnismäßig klein war und wenige Fächer pflegte. Und trotzdem hat sich auch hier gezeigt, daß die „wissenschaftliche Aufstel­lung“, das ist die Aufstellung der Buchbestände nach Inhaltsgruppen, auch für eine relativ kleine, aber lebende, immer wachsende Bibliothek unzweck­mäßig ist, denn obwohl in einem Katalog von 1885 noch an ihr festgehalten wird, wurde sie 1897/98 vollständig auf gegeben. Noch in einem zweiten, von Schiel übernommenen Punkt wurde Ameths Arbeit reformbedürftig. Dies war die Bindung einer wachsenden Sammlung in der Signaturgebung ihrer Einzelobjekte an einen Raum oder an die zu ihrer jeweiligen Auf­nahme bestimmten Schränke, Regale usw. usw. Wir haben bereits oben gesehen, daß schon Firnhaber einmal bei einer Raumänderung die Signa­turen ändern mußte; das gleiche mußte Arneth bei seiner Umstellung vor­nehmen, eine weitere Umgruppierung scheint 1884 vorgenommen worden zu sein, und als 1897/98 die Bibliothek wieder in neue Räume übersiedelte, wurde dies zum fünften- oder sechstenmal der Anlaß einer Neuaufstellung, bei der die Arnethsche Einteilung völlig aufgelassen werden mußte. Hatte schon Firnhaber einen allerdings noch mangelhaften Entleh­nungsmodus eingeführt, so wurde auch dieser von Arneth durch allgemeine Einführung der Entlehnung gegen Empfangschein verbessert, so daß seit dieser Zeit Abgänge vermieden wurden; dagegen scheint Arneth von der Expeditionsverpflichtung des Reichsgesetzblattes befreit gewesen zu sein. Arneth war bis 1857 Bibliothekar. Es ist unbekannt, wer es bis 1879 war. In diesem Jahre taucht als Nachfolger Adam Ritter von Tustanowski auf, der dieses Amt bis in die Achtzigerjahre versieht. 1884 wurde in der Typendruckerei des Ministeriums ein neuer Katalog gedruckt, der 1888 1 Heute Ministerialbibliothek 6997 a. 2 D. h. die Aufstellung der Bücher nach wissenschaftlichen Fächern. 2. Die Bibliothek des k. u. k. Ministeriums des Äußern („Ministerial bibliothek“). 463

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