Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Bibliotheken des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, von Wilhelm Kraus

462 Die Bibliotheken des Haus-, Hof- und Staatsarchivs. binder zu bestreiten, also dürfte nicht allzuviel für Anschaffungen übrig geblieben sein. Baron Werner scheint auch eine Änderung dahin verfügt zu haben, daß die Kosten für die Zeitungen das Anschaffungskonto der Bibliothek nicht mehr belasteten. Seit dem Erscheinen des Reichsgesetz­blattes hatte Firnhaber ferner die Expedition der erscheinenden Nummern an die Behörden, Ämter, auswärtigen Vertretungen zu besorgen. 1851 wurde die Bibliothek wieder einmal räumlich verlegt, diesmal erfahren wir auch den Ort: es war das mit der Kapelle in Verbindung stehende Oratorium, das schon vorher die seit 1849 erworbenen Bücher beherbergt hatte. Diese Neuaufstellung hatte auch durch Vermehrung der Schränke usw. eine teilweise Neunumerierung und Signaturenänderung zur Folge. Sie wurden durch Streichung der alten und Zusetzung der neuen Signatur auf der seit Schiel eingeführten, am inneren Buchdeckel aufge­klebten Etikette durchgeführt. Bei diesem Anlaß legte Firnhaber, wohl nach dem Muster des StA., ein heute fehlendes „Standortsrepertorium“ an, in dem er alle Bücher mit Angabe von Bandzahl, Format und Aufstellungs­platz verzeichnete. Dieses Verzeichnis wurde vom Unterstaatssekretär Werner mit besonderer Befriedigung zur Kenntnis genommen. Ebenso billigte dieser auch einen scharfen Tadel, den Firnhaber über die Bücher- aufstellung ausgesprochen hatte: „daß ich nie eine Bibliothek so ver­worren, und jeder Vernunft entgegen aufgestellt fand als diese“, indem „Bücher jeder Wissenschaft, jeder Sprache, jedes Alters und Gehaltes in friedlicher Eintracht nebeneinander stehen, von einer wissenschaftlichen Gruppierung keine Spur“. Und so wie Firnhaber in dieser Richtung schon einiges verändert hatte, so hoffte er, mit der Zeit eine gänzliche Umstellung und Aufstellung nach Sachgruppen vornehmen zu können. Er zählte im ganzen damals 4168 Bände in 1440 Werken Altbestand, dann seit 1849 etwa 400 Bände Neuanschaffungen und eine unbestimmte Anzahl von Patenten, Flugschriften, Broschüren u. ä. Hatte Schiel die Katalogisierung eingeführt, so führte Firnhaber eine Art Benützungsordnung ein: Bibliotheksstunden am Nachmittag und Abend (für dringende Fälle konnte er aus dem Archiv geholt werden), für kurz­fristige Entlehnung Eintragung in ein Entlehnbuch, dagegen langfristige gegen Empfangschein. Da aber natürlich das Personal des Ministeriums jederzeit freien Zutritt in den Bibliotheksraum besaß, so dürfte es mit der Befolgung dieser Entlehnungsordnung nicht sehr gut bestellt gewesen sein, denn schon Firnhabers Nachfolger klagt wieder wie früher dieser selbst über zahlreiche Abgänge, für die man sogar den Gedanken einer Haltbar­machung Firnhabers erwog. Sie ist aber durch ein eigens dazu eingeholtes Rechtsgutachten Vesques unterblieben. Als Firnhaber 1851 zum Archivar ernannt wurde, gab er seine Neben­stellung auf. Zu seinem Nachfolger wurde Alfred von Arneth bestimmt, der damals Ministerialkonzipist im Ministerium war. In seinen Memoiren „Aus meinem Leben“, Bd. II S. 8 ff. schildert er ausführlich seine Tätigkeit an dieser Bibliothek, eine Schilderung, die durch seine Berichte in der administrativen Registratur F 4 auch eine aktenmäßige Grundlage erhält. Arneth übte schärfste Kritik an den früheren Zuständen und an seinen

Next

/
Thumbnails
Contents