Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Bibliotheken des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, von Wilhelm Kraus

nisation (1434) und von Hinweisen der reichen, für seine Geschichte der Staatskanzlei unter Metternich angelegten Materialsammlung J. K. Mayrs.1 In den Akten über die Einrichtung der Staatskanzlei zur Zeit ihrer Gründung durch Maria Theresia 1742 finden sich keinerlei Hinweise auf die gleichzeitige Anlage einer Amtsbibliothek. Fraglich ist es, ob von privater Seite (etwa leitenden Beamten) oder aus den Bibliotheken anderer Behör­den in dieser an Behördenauflassungen, -gründungen und -Umwandlungen so reichen Zeit Bestände an die Staatskanzlei gelangt sind. Man weiß nur, daß Fürst Kaunitz Teile der Ersparnisse einer unbesetzten vierten Hofrats­stelle zu Bibliothekszwecken verwendete und daß er hiefür 1766 auch eine regelmäßige Dotation erwirkte.1 2 Erst 1811 begegnen wir zum erstenmal einem Bibliotheksverwalter im Nebenamte. Dieser erste Bibliothekar war Karl von Kesaer, der Sohn eines schon unter Kaunitz dienenden Staatskanzleibeamten.3 Auch jetzt noch ist über die Art des Bibliotheksdienstes, über die Verwaltungstechnik, über die Ankäufe usw. fast nichts bekannt; daß damals auch schon Zeitungen zu Bibliothekszwecken herangezogen wurden, lehrt ein Ausweis vom 31. Okt. 1811 über eine geheime Ausgabe von 450 fl. zum Ankauf eines Exemplares des Pariser „Moniteur“ in 42 Foliobänden.4 Neben der Bücher­sammlung der Staatskanzlei hatte Fürst Metternich im Staatskanzlei­gebäude auch seine Privatbibliothek5 zur Verfügung, die Kesaer für 400 fl. jährlich mitverwaltete. 1818 wurde ein heizbarer Bibliotheksraum einge­richtet und mit 12 neuen Schränken zu je 10 in Doppelreihen belegbaren Fächern ausgestattet, die nach Kesaers Schätzung 7000—8000 Bände fas­sen konnten, eine Zahl, die den damaligen Bibliotheksbestand noch weit überschritt.0 Diese 12 Schränke sind dann das ganze 19. Jahrhundert hin­durch bis 1898/99 in Verwendung geblieben. Von Kesaer stammt auch der erste handschriftliche Bibliothekskatalog, der ihr als „Catalogus librorum Cancellariae intimae Aulae et Status, Viennae MDCCCXIII“ unter Nr. 6996 einverleibt ist. Daraus ist ersicht­lich, daß die Bücher nach Materien gegliedert verzeichnet waren. Außer­dem bestand ein Autorenregister, das heute fehlt. Die Bücher sind darin mit auf den linken Katalogrand geschriebenen fortlaufenden Nummern 1—683 verzeichnet, ohne daß aber diese Nummern auf den Büchern selbst als Signaturen feststellbar wären. Diese Verbin­dung von Materieneinteilung und starrem Nummernsystem sprengte all­mählich durch Hilfsnumerierung, z. B. 3 a, 3 b, 3 c, den alten Rahmen und machte den Katalog, obwohl zwischen den einzelnen Nummern Raum ge­lassen war, immer unübersichtlicher. Ergänzungen wurden bis zum Jahre 1842 fortgeführt. 1 Vgl. J. K. Mayr, Geschichte der Staatskanzlei im Zeitalter Metternichs, S. 82, 83. 2 Vortrag vom 28. Sept. 1766: . .. den Überrest aber zu Anschaffung einer erforder­lichen Staats-Bibliothec und Geographischer Carten verwenden lassen; womit auch bereits ein guter Anfang gemacht worden, und könnte der Abgang durch eine mäßige Verwendung leicht angeschaffet werden. Vgl. A. Arneth, Maria Theresia Bd. I, S. 318 und J. K. Mayr, a. a. O. S. 82. 3 J. K. Mayr a. a. O. S. 71, 83. 1 StK., Organ. B. 68. Heute Ministerialbibliothek .3492 a. Vgl. J. K. Mayr a.a. O. S.82, 83. 5 J. K. Mayr a. a. O. S. 83. 6 Vortrag Kesaer vom 28. Nov. 1818. 2. Die Bibliothek des k. u. k. Ministeriums des Äußern („Ministerialbibliothek“). 459

Next

/
Thumbnails
Contents