Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Bibliotheken des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, von Wilhelm Kraus

454 Die Bibliotheken des Haus-, Hof- und Staatsarchivs. gegeben wird, 400 Bände, wobei hier die Deduktionen mitgezählt sind. 1829 waren einige Werke der Bibliothek der ehemaligen Niederländischen Kanzlei in das Archiv gekommen; unbestimmt in welchen Jahren, doch um 1840, erfolgten zwei Bücherschenkungen: eine vom k. k. Kämmerer Grafen Paul Széchényi, die zweite von dem Archivar v. Gevay,1 die aber beide wegen Raummangels weder katalogisiert noch aufgestellt werden konnten. Der größte Förderer der Amtsbibliothek in dieser Zeit war aber der Direktor des Archivs selbst. Reinhart, ebensosehr Bibliothekar und Bibliophile als Archivar,3 wendete ihr seit 1841 eine Anzahl von histori­schen Werken, etwa 1000 Bände, zu. Er hatte seine große Privatbibliothek mit Ausnahme der spanischen Büchersammlung mit Testament vom 13. Jan. 1837 der Universitätsbibliothek Innsbruck vermacht, mit der denn auch nach Reinharts Tod 1843 Verhandlungen gepflogen wurden. Die Erhebun­gen seines Nachfolgers, des Freiherrn v. Hügel, ergaben, daß Reinhart seit 1840 zahlreiche Bücher seiner Bibliothek ins Archiv gebracht, dem Amt zur Verfügung gestellt und mit der Widmung „Reinhart dem Haus­archiv“ bezeichnet hatte; er hat sie wohl auch mündlich designiert, denn Chmel machte sofort nach Reinharts Tod von der Schenkung Meldung, und Firnhaber hat sogleich einen Katalog (AB. 451 a/3) dazu angelegt, ob­wohl diese Bücher von der Amtsbibliothek noch getrennt blieben. Wären nicht diese Schenkungen gewesen, so hätte die Archivbiblio­thek in diesem Zeitabschnitt von ungefähr 1820—1860 kaum nennens­werte Zuwächse erhalten, denn die Dotation für die Bibliothek blieb trotz mancher Bemühungen der Archivdirektoren bei den Vorgesetzten Stellen ganz ungenügend, so daß schon um 1860 zu den Mitteln der Erwerbung neuer Werke aus dem Erlös des Dublettenverkaufs gegriffen wurde. So­weit die Entwicklung der Bibliothek. Auch die bibliothekarische Arbeit an ihr machte in der Zeit seit 1820 weitere Fortschritte. Zwischen zirka 1820 und vor 1840 wurde von Ros- ner ein großer autorenalphabetischer Katalog (heute AB. 451 a/2) geschrie­ben, der in drei Bandkartons in losen Bogen vorliegt. Er geht in vier Punkten über den Katalog von Knechtl (AB. 451 a/1) hinaus, und zwar dadurch, daß erstens das Buch neben der Lokatbezeichnung noch eine Nummer erhielt: die eigentliche Buch-, bzw. Katalogzahl, daß zweitens der volle Wortlaut des Titels samt den Druckangaben gebracht wurde, daß drittens die in Sammelwerken, Zeitschriften und ähnlichen periodi­schen Werken veröffentlichten Aufsätze und Quellen im Katalog ver­arbeitet und daß viertens über alle Autoren biographische Notizen bei­gegeben wurden. Wie man also sieht, ein überaus hohes Niveau der Kata- logisierungs- und Bibliotheksarbeit! Dieses Niveau hat sich in den späteren Katalogen nicht erhalten, wobei man in der Praxis wohl weniger das Fallenlassen des vierten, wohl aber besonders das Fehlen des dritten Punktes bedauern wird. Geschrieben ist dieser Katalog von Rosner, sein geistiger Urheber ist aber sicher Reinhart. Wie sich aus dem Vergleich mit den vorliegenden Zettelkatalogen, insbesondere AB. 543 a/6, ergibt, hat 1 Gestorben 9. Juni 1845 (siehe Bd. I S. 41). 2 Vgl. Bd. I S. 108—111.

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