Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Bibliotheken des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, von Wilhelm Kraus
452 Die Bibliotheken dea Haus-, Hof- und Staatsarchivs. wurde, lehnte Rosenthal einen Ankauf ab mit der Begründung, es sei in der Sammlung nichts, was nicht entweder in der hiesigen k. k. Bibliothek (Hofbibliothek) vorhanden sei oder was er nicht selbst in seiner eigenen „Böheimischen Büchersammlung“ besäße — von der Bibliothek des Archivs aber schweigt der Direktor des Archivs überhaupt. Fürst Kaunitz — auch hier wieder wie bei der Bibliothek seines Amtes (s. unten Abschnitt Ministerialbibliothek) — stellt bei der Überprüfung des Archivs nach dem Tode Rosenthals 1779 den Antrag, aus Ersparungen die reiche Bibliothek Rosenthals anzukaufen, wozu Maria Theresia ihr „placet“ gab. Es finden sich aber in den Akten keine Nachweise eines wirklich erfolgten Ankaufes. Tatsächlich sollen bis 1780 nur etliche 50 Bände den Bestand der Amtsbibliothek ausgemacht haben, wenn man den sonst ganz verläßlichen Zahlen in der ersten größeren geschichtlichen Zusammenfassung über Entwicklung und Stand des Archivs von Reinhart aus dem Jahre 1840 glauben will. Wie dem auch sei: als im Jahre 1807 dem Archiv die Bibliothek des Reichshofrates zuwuchs und dadurch Maßnahmen einer eigenen geordneten Bibliotheksverwaltung notwendig wurden, hieß es in der betreffenden Weisung des Staatsministers Stadion an den Archivar Gassier1 von dem früheren Zustand: „Da das ehevor von allen literarischen Subsidien ganz entblößte geheime Haus- und Hofarchiv nunmehr im Besitze einer, in historischer, antiquarischer und diplomatischer Rücksicht sich der Vollständigkeit nähernden Bibliothek ist, hat der Herr Arch. Gassier für die Erhaltung und Ordnung dieser schätzbaren Sammlung die genaueste Sorge zu tragen. Zu diesem Zwecke ist durch den Archivar von Weinkopf sogleich ein rein alphabetischer Catalog (ohne Rücksicht auf Materien, welches bei dem geringen Umfange dieser sich in keinem Falle über viert- halbtausend Bände belaufenden Sammlung unnöthig ist) in der Art zu beginnen, daß eine mäßige Zahl neu nachzuschaffender Werke noch in der Folge eingetragen werden kann. Bändezahl, Auflage, Kasten und Reihe werden die Rubriken dieses Catalogs bilden.“2 Die Schlüsse aus dieser Weisung ergeben sich von selbst: 1. Die Amtsbibliothek des Archivs war vor 1807 sehr unbedeutend, wahrscheinlich auch nicht katalogisiert. 2. 1807 wird die durch den Zuwachs ungefähr 3500 Bände zählende Bibliothek zum erstenmal katalogisiert. 3. Der Katalog ist autorenalphabetisch mit Lokatangabe und mit Raumfreilassungen für Nachwüchse.3 Materieneinteilung und Materienkatalog unterbleiben. 4. Die Bücher erhalten noch keine Signaturen. Dieser Katalog ist nicht erhalten, vielleicht überhaupt nie angefertigt worden. Weinkopf ist ja 1808 gestorben. Gleichzeitig mit der Übertragung der Bibliothek des Reichshofrates an das Archiv gelangte auch die Salzburgische Hofbibliothek dorthin: einzelne ihrer Werke und dann die Handschriften kamen an die Salzburger Universität, einzelne an das k. k. Antikenkabinett, die Verzeichnisse sind 1 Reg. des StA. Z. 1/1807. 2 Das Konzept dieser Weisung stammt von Hormayr. 3 Vgl. damit den 1. Katalog der Ministerialbibliothek ex 1813! Ministerialbibliothek, Sign. 6996 (siehe unten).