Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Bibliotheken des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, von Wilhelm Kraus

i. Die Bibliothek des Haus', Hof' und Staatsarchivs. Schon bei der Gründung des „geheimen Hausarchivs“ im Jahre 1749 ist die Notwendigkeit der Beschaffung literarischer Hilfsmittel erkannt und sind entsprechende Maßnahmen ergriffen worden. Es ist vorläufig nur als wahrscheinlich anzunehmen und nähere Nachforschungen müßten es noch erweisen, daß sich heim kaiserlichen Schatzgewölbe auch im Laufe der Zeit einige Bücher angesammelt hatten, die dann mit den Urkunden der Schatzgewölhe in die Verwahrung des neugegründeten StA. übergegangen sind. Wohl aber liegt vor ein aus dem Jahre 1749 stammendes „Verzeich­niss der auf a. h. Befehl aus der k. k. Bibliothek in das k. k. geheime Haus- Archiv abgegebenen Bücher, dann was weiters für Bücher bey ged. Archiv zu Behuf und Beförderung der täglichen Arbeiten nöthig wären“. Da dies das älteste schriftliche Zeugnis über diese Büchersammlung ist, so sei noch etwas näher darauf eingegangen. Die k. k. Bibliothek, d. i. die spätere Hof-, heutige Nationalbibliothek, gab ab: Receuil des traitez de paix etc., Amsterdam und Haag 1700,4 Bände; Londorpii Acta publica, Frankfurt 1668 ff., Band 8, 15 u. 17; Meyern Lon- dorpius suppletus et cont., Frankfurt 1665, 2 Bände; Mabillon De re diplo- matica, Paris 1709; Du Mont Corps universel diplomatique du droit des gens etc., Amsterdam 1726, 8 Bände; Chronicon Gotwicense 1722, 2 Bände. Das Archiv bezeichnete aber noch weitere 43 Werke als erforderlich, darunter Lünigs Teutsches Reichsarchiv, Leibnitzens Codex iuris gentium, Hansiz’ Germania sacra, Herrgotts Genealogia habsburgica, die bekannten Werke von Goldast, Khevenhüller, Pez, Han thaler, Hübners Genealogische Tabellen u. a. In dieser Liste sind deutlich viele Gruppen vertreten, die dann einen weiteren, zufälligen und absichtlichen Ausbau erfuhren und heute noch die wesentliche Struktur der Sammlung bilden: historische Hilfswissen­schaften und allgemeine Hilfswerke, allgemeine europäische, dann deut­sche und österreichische Geschichte, Geschichte der Habsburger, Genea­logie — ferner historische und staatsrechtliche Quellensammlungen und -Veröffentlichungen, Völkerrecht und allgemeines Recht mit Quellensamm­lungen — endlich österreichische Heimatkunde. Bartenstein selbst, der Oberleiter des neuen Archivs, hat 1753 in seinem Vortrag vom 18. September über die endgültige Aufstellung und Einrichtung des Archivs darauf angetragen, dem Archiv von „Compila- toren actorum publicorum“ ein Exemplar zu verschaffen, und ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß dieses oben zitierte Verzeichnis, das von an­derer Hand als die Schrift des Textes die Jahreszahl 1749 trägt, eher eine der mehreren Grundlagen für Bartensteins Vortrag war und sonach auch erst ins Jahr 1753 zu setzen ist. Diese Forderung blieb jedoch unerfüllt. Als 1772 die Freiherrlich Clausersche Sammlung zum Kauf angeboten 29*

Next

/
Thumbnails
Contents