Inventare Teil 5. Band 7. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Belgien, von Oskar Schmid

352 Belgien. nung noch ein paar hundert Bücher vorhanden, die zunächst gar nicht inventarisiert wurden. Sonstige mit seinen Funktionen im Zusammenhang stehende Gegenstände (der Wappenrock des ersten Wappenkönigs, Ehren­zeichen des Goldenen Vlieses und das Amtssiegel) wurden in die Staats­kanzlei gebracht. Darüber, wie über den ganzen Nachlaß des verstorbenen Wappen­königs zu verfügen sei, konnten sich die Behörden zunächst nicht klar werden. Als sicher galt, daß ein großer Teil aus dem Besitzstand der Chambre héraldique stammte und als solcher kenntlich gemacht war, manches aus dem Eigentum der seinerzeit Beydaels untergeordneten Wappenkönige und vieles aus dem Privatbesitz Beydaels selbst herrührte. Eine reinliche Scheidung aller dieser Materialien schien unmöglich. Da auch jeglicher Behelf mangelte und eine erhebliche Unordnung herrschte, sah man sich einem Wust von Wappenbeschreibungen, Abschriften von Diplo­men, verworrenen Filiations-, Trau-, Tauf- und Totenscheinen, wovon über­dies ein großer Teil in flämischer Sprache verfaßt war, gegenüber, einer Situation, der man sich keineswegs gewachsen fühlte. Eine weitere Frage, die sich angesichts einer beabsichtigten Weiterverwendung der Materialien erhob, war die nach der Beweiskraft derselben, worüber niemand ein siche­res Urteil zu fällen wußte. Jedenfalls wurden die Beydaelsschen Materialien einer weiteren praktischen Verwendung vorerst entzogen. Man brachte sie zunächst in ein eigens eingerichtetes Arbeitszimmer der Staatskanzlei, wo sie unter Leenherrs Aufsicht standen, und nachdem auch dieser ge­storben war,1 wurden sie dem Staatskanzleirate Franz Joseph Freiherrn von Bretfeld zu Cronenburg, der einige Kenntnis im heraldischen Fache besaß, übertragen. Ordnungsarbeiten, die letzterer in Angriff nahm, konn­ten nicht vollendet werden, da sich plötzlich die Notwendigkeit ergab, das Lokal zu räumen. Der Beydaelssche Nachlaß wurde daher wieder in Kisten verpackt. Aus naheliegenden Gründen machte bald darauf die niederländische Regierung Ansprüche auf den wesentlichen Teil der Beydaelsschen Akten geltend. Handelte es sich doch überwiegend um niederländische Pro­venienzen und, was damals natürlich in erster Linie in Frage kam, um niederländische Betreffe. Im Jahre 1826 wurde der größte Teil der Akten, von zirka 500 Nummern blieben etwa 50 in Wien zurück,1 2 ausgefolgt. Der Rest, Genealogien österreichischer oder anderer, nicht niederländischer Familien oder persönliche Akten Beydaels, worunter sich allerdings auch viele niederländische Betreffe befanden, gelangte dann 1837 (bzw. 1845 und 1856) an die Vereinigte Hofkanzlei (Adelsarchiv) zur Auslieferung.3 1 Joseph Franz von Leenherr, geb. 1760, starb am 10. Juli 1815 in Wien, Land­straße 38 (vgl. Wiener Zeitung). 2 Vgl. „Consignation der an die holländische Regierung ausgelieferten Akten 1826“ (Reg. des StA. Z. 27/1826). 3 Die zurückgebliebenen Akten standen in Verwahrung des StA. Vgl. die Abschrift einer Note der StK. an die Hofkanzlei vom 9. Febr. 1837: Nur einige wenige Bände mit Genealogien über ganz fremde oder österreichische Familien, persönliche Akten Beydaels über seinen hiesigen Aufenthalt oder gar nicht ins Adelsarchiv gehörige Akten wurden damals zurückbehalten und blieben in der Verwahrung des StA. (Selekt Beydaels,

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