Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Urkundenabteilung von Paul Kletler
86 Die Urkundenabteilung. Hausprivilegien... päpstliche Originalbullen“ — angeführt werden. Wieder verstrich fast ein Vierteljahrhundert, bevor das StA. die Angelegenheit wieder aufnahm. In einer Eingabe an die Staatskanzlei vom 21. Mai 1834 wird ausgeführt, man habe erfahren, daß sich im k. k. Hofkammerarchiv einige 1000 bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts zurückreichende Urkunden aus dem sogenannten Grazer Schatzgewölbe befänden, die nach der Aussage des Hofkammerarchivdirektors Franz Grillparzer dort nicht gesucht und nicht benützt würden; man habe nach den musterhaften Regesten des Hofkammerarchivdirektions-Adjunkten Franz Weibel (= Repertorium XXIV, AB. 406) in der beiliegenden Designation diejenigen Urkunden zusammengestellt, deren Übertragung in das StA. die Staatskanzlei auf Grund der a. h. Resolution vom Jahre 1811 (vgl. Bd. I S. 22*) veranlassen möge; es seien durchwegs Archivalien, die staatsrechtliches Interesse hätten oder für die Geschichte Innerösterreichs und der dortigen alten Dynasten- und Adelsgeschlechter, z. B. Görz, Cilli, Ortenburg und Heunburg, von bedeutender Wichtigkeit wären. Der Erfolg war jedoch zunächst wiederum äußerst gering: nur 34 Urkunden wurden am 9. Sept. 1835 an das StA. abgegeben; „die übrigen“, heißt es in der bezüglichen Note, „könnten dem Hofkammerarchiv wohl nicht entzogen werden“. Diese 34 Urkunden umspannen den Zeitraum von 1238—1494 und gehören tatsächlich den angeführten Adelsarchiven an, denen nur noch Sternberg und Auffenstein zuzufügen sind; die Görzer Urkunden entstammen der Zeit vor der Teilung und der Registratur der Tirol-Kärntner Linie — wohl, weil Kärnten 1565 zu Innerösterreich gehörte (Beispiele: 8. Nov. 1355 Familienvertrag zwischen den Grafen Otto und Rudolf von Ortenburg; Verträge zwischen Aquileia und Görz; Belehnungsbriefe der Kärntner Herzoge Meinhard von 1273 und Otto von 1307 auf die Auffenstein mit dem Marschallamt in Kärnten). Ein Teil der Urkunden entstammt jedoch auch dem Wiener Schatzgewölbe und war wegen des innerösterreichischen Betreffs nach Graz gekommen: z. B. 13. Juli 1311 König Heinrich von Böhmen an Herzog Friedrich von Österreich wegen Wiedereinlösung der ihm verpfändeten Krainischen und Win- dischen Mark, Vogteireverse von Admont (1293 und 1361) und Obernburg (1361) auf die Herzoge von Österreich; 2. Mai 1335 Kaiser Ludwig belehnt die Herzoge Otto und Albrecht II. von Österreich mit Kärnten; den Georgsorden betreffende Urkunden, wie die Kaiser Friedrich III. erteilte päpstliche Erlaubnis zur Errichtung des Ordens vom 1. Mai 1487.1 Diese Urkunden stehen natürlich im Repertorium XXIV (AB. 406/1) und ad XXIV (AB. 406/3, hier die Ortenburger) mit dem von Weibels Hand herrührenden Zusatz „ins Hausarchiv abgegeben“ oder „im Hausarchiv 1835“. Endlich im Jahre 1851 — also 66 Jahre nach der Übernahme jener ersten 107 Urkunden — wurden die gesamten, 1784 aus Graz gebrachten Urkunden vom Archiv des k. k. Finanzministeriums, wie das Hofkammerarchiv nun hieß, dem StA. ausgeliefert. Die von Grillparzer als dem damaligen Archivdirektor des Finanzministeriums unterfertigte Übergabsbestätigung sowie die Übernahmsbestätigung Meillers tragen das Datum des 1 Reg. des StA. Z. 8/1835 mit beiliegendem Verzeichnis.