Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Urkundenabteilung von Paul Kletler
Die Innsbrucker Archive in ihrer Bedeutung für die Geschichte des StA. 67 ter: in den Jahren 1496—1500 wurden die Archivalien der niederösterreichischen Länder in weitem Umfang in Innsbruck vereinigt; und anläßlich der Wiedererrichtung der gemeinsamen Rechnungskammer mußte im Jahre 1517 der niederösterreichische Buchhalter seine Registratur nach Innsbruck bringen und teilweise dort zurücklassen.1 Außerdem aber begann man damals auch die Archivalien des Hauses Österreich, die habsburgischen Familienurkunden, in Innsbruck zu vereinigen und — vielleicht das Wichtigste — im Jahre 1506 wurde mit kaiserlicher Verordnung vom 1. Dezember auch noch die „Hofregistratur“ (Hofbuchhaltung) mit einem eigenen Hof- und Reichsarchivar in Innsbruck eingerichtet, nachdem schon einige Jahre hindurch die Register der ambulanten Hofkammer tatsächlich in Innsbruck aufbewahrt worden waren. Durch die Hofbuchhaltungsordnung von 1515 endlich wurde bestimmt, daß der Buchhalter am Hofe die „ausgeschriebenen“ Registratursbücher samt den Rechnungsregistern und Reversen und anderem entbehrlichen Aktenmaterial stets nach Innsbruck senden solle.1 2 Zieht man diese Ausgestaltung der Innsbrucker Archive unter Maximilian I. in Betracht, dann wird verständlich, daß die wichtigsten österreichischen Staatsurkunden und auch die wichtigsten Reichsurkunden zur Zeit Putschens in Innsbruck lagen; so schon von den erwähnten Urkunden des Jahres 1366, soweit sie in mehreren Ausfertigungen vorhanden sind, entweder alle Exemplare — wie bei der kaiserlichen Bestätigung der Rechte und Freiheiten der österreichischen Herzoge, im besonderen ihrer Erb- vogteien —, oder — so beim Privilegium de non evocando — zwei Exemplare in Innsbruck und eines in Wien. Von den drei Ausfertigungen des Iuxemburgisch-habsburgischen Erbfolgevertrages vom 26. März 1366 befand sich wenigstens ein Exemplar in Innsbruck.3 Bei nur einfach vorhandenen Dokumenten kommt es selbst vor, daß das eine Exemplar nicht in Wien, sondern in Innsbruck lag, z. B. die Mitteilung eines inserierten Schreibens Ludwigs des Großen von Ungarn durch Karl IV. an die Herzoge Albrecht III. und Leopold III. (auch vom 26. März 1366). Heute sind alle diese Urkunden des Jahres 1366 im StA. Aus Innsbruck bringt Rosenthal das eine der beiden heute im StA. befindlichen, offenbar der Reichs registratur entstammende Exemplar der Goldenen Bulle Karls IV. von 1356, ferner z. B. die Bullen Nikolaus V. betreffs der Kaiserkrönung Friedrichs III. von 1451, den Handelsvertrag Maximilians I. mit Heinrich VII. von England (die Unterhändlerurkunde vom 19. Juni 1502 sowie die englische Ratifikation vom 14. Aug. 1502), die Urkunden über das Bündnis mit Ludwig XII. von Frankreich (22. Sept, 1504) und über den Frieden mit Franz I. (3. Dez. 1516). Endlich war von größtem Gewicht für die Hebung der Bedeutung des Archivs der Tiroler Landesfürsten über die Bedeutung eines tirolischen 1 S. Adler, Die Organisierung der Zentral Verwaltung unter Maximilian I., S. 437. * Ebenda, S. 434 ff. 3 Putsch, 3. Bd., fol. 219: „noch ain solich brieff ligt zu Insprugg“. 5*