Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Urkundenabteilung von Paul Kletler

68 Die Urkundenabteilung. Archivs hinaus der Umstand, daß die Erzherzoge der Tiroler Nebenlinien häufig als Älteste und Lehensträger oder als Gewalthaber das Gesamthaus Habsburg vertraten. Sie empfingen daher die Gesamtbelehnungen mit den österreichischen Ländern und die Belehnungen mit einzelnen Reichslehen; sie erhielten auch die Anwartschaften darauf verbrieft. Auf ihren Namen wurden die österreichischen „Hausprivilegien“ bestätigt. So kommt es, daß wir unter den von Rosenthal 1751 aus Innsbruck gebrachten Urkunden (vgl. Reg. des StA. 6/1751) die kaiserlichen Lehenbriefe über sämtliche österreichische Länder, ausgestellt auf Ferdinand von Tirol von 1572, 1577 und 1578 oder auf Sigismund Franz von 1663, finden, oder z. B. die kaiser­lichen Exspektanzen auf die geroldseggischen und mindelheimischen Reichslehen von 1613 und 1614 (ausgefertigt für Erzherzog Max „den Deutschmeister“, 1602 Gubernator, 1612—1616 Landesfürst von Tirol), von 1623 (für Leopold, 1619 Gubernator, 1623—1632 Landesfürst) und von 1663 (für Sigismund Franz, mit dem die Tiroler Linie 1665 erlosch), oder auf die Montfortischen Reichslehen von 1663 (für Sigismund Franz), sowie endlich die Belehnungsurkunde Kaiser Leopolds auf das Haus Österreich um die nach dem Tode des letzten Geroldseggers dem Reiche heimgefalle­nen Lehen. Hier stoßen wir auch auf die Bestätigung der „Hausprivilegien“ durch Kaiser Ferdinand II. vom 12. Jan. 1623, ausgestellt auf Erzherzog Leopold von Tirol als „Lehen- und Gewaltträger“ des Hauses. Aus dieser Urkunde erfahren wir, daß aber auch die Privilegienbestätigung Karls V. vom 8. Sept. 1530 für seinen Bruder Ferdinand seinerzeit in Innsbruck ge­legen war. Die Narratio berichtet, daß die Urkunde Karls V. auf Grund des Ansuchens des Erzherzogs Matthias an seinen Bruder Kaiser Rudolf II. um Bestätigung der Privilegien „ausz der fürstlichen Grafschafft Tyrol von Insprugg ausz der alten Burg und laden unsers hauses Österreich freyhaiten erhebt, von dannen naher Prag geführt und daselbst in Originali fürgelegt“ worden sei. Im Verzeichnis Rosenthals (Reg. des StA. 6/1751) findet sie sich nicht, da sie offenbar nicht mehr nach Innsbruck zurückgebracht wor­den war. Die erste Bestätigung der Hausprivilegien durch Friedrich III. vom 25. Juli 1442 war hingegen immer in Wien (Wiener-Neustadt). Ähnliches ist übrigens gelegentlich auch schon im Mittelalter zu be­obachten. Im Jahre 1325 schloß Herzog Leopold, der die Vorlande ver­waltete, für den gefangenen König Friedrich ein Bündnis mit dem Erz­bischof von Mainz und den Bischöfen von Würzburg und Straßburg gegen Ludwig den Bayern; die Urkunde kam nach Innsbruck und landete erst 1837 in Wien (Repertorium VI, AB. 381). Außer diesen „nicht-tirolischen“ Urkundengruppen, die immerhin durch die geschichtliche Stellung Innsbrucks als Residenz und administra­tives Zentrum in die Innsbrucker Registraturen gelangt waren, wurden aber auch noch einzelne landfremde Bestände nur durch Zufall dorthin ver­schlagen. So fand Rosenthal wie in Wien so auch in Innsbruck „eine Menge wichtiger böheimischer Urkunden“, die dem Archiv der Luxemburger ent­stammten und die, wie wir schon bei Besprechung der Putschabteilung Kunig von Beheim hörten (s. S. 33 f.), Sigismund seinem Schwiegersohn Albrecht II. übertragen hatte. Sie wurden zum Teil von Rosenthal (Ver-

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