Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Urkundenabteilung von Paul Kletler

Das Wiener Schatzgewölbe. 61 paurechtbrief, Parteien verträg, Sunst partéién Sachen, Supplicationes an die österreichischen Landesfürsten, Erledigt und cassiert pfanndt- und annder mer brief. Die Urkunden dieser Abteilungen bis „Portnau“ scheinen auf den ersten Blick nur zum Teil aus dem Schatzgewölbe zu stammen: nämlich etwa die Amtsreverse der Landeshauptleute oder die zahlreichen Städte­urkunden auf die habsburgischen Landesfürsten, Erbhuldigungen (1281 Wiener-Neustadt, 1288 Wien), Quittungen auf die Wiener Kammer, Reverse aller Art, besonders um Maut, Zölle und Gerichtsgelder. Die übrigen, ge­rade interessanten und bedeutsamen Urkunden, Landfrieden (Rudolfs I. für Österreich von 1281), Landes- und Gerichtsordnungen (für Österreich ob der Enns von 1299, für Kärnten von 1338, für Krain von demselben Jahr), Erlässe gegen „Übeltäter“ und „schädliche Leute“ (1279 für Kärn­ten), Schadlosbriefe und „Anschläge“ auf die einzelnen Landschaften (z. B. „Anslag der geraisigen phärd, so der Lanndschafft in Österreich unnder und ob der Enns auf 6 Monat zu halten angeslagen worden sein. Anno 1482“) u. ä., dann Zunftbriefe (z. B. 11. Aug. 1479 Kaiser Friedrich III. für die Leinwater-, d. i. Weberzeche in Wien oder 18. Aug. 1492 derselbe bestätigt die Schneiderordnung zu Linz) scheinen den Landschafts- oder Stadtarchi­ven zu entstammen. Meistens dürfte sich jedoch auch bei diesen Urkunden die Provenienz „Schatzgewölbe“ entpuppen. Die Landfriedensurkunde von 1281 z. B. ist, dem geänderten Charakter der Landfriedensgesetzgebung entsprechend, nicht mehr vom König, sondern von den Städten, Rittern und Knappen von Österreich ausgestellt, die dem König geloben, den von ihm gebotenen Landfrieden auf weitere zehn Jahre zu halten. Und auch wenn der Aussteller der König, bzw. Herzog ist, sind derartige Urkunden über Vereinbarungen zwischen dem Landesherrn und den Ständen wohl oft dop­pelt und mehrfach ausgefertigt worden; so ist der Landfriede König Ru­dolfs I. vom 3. Dez. 1276 noch in drei Originalen erhalten, im StA., im Münchner Hauptstaatsarchiv und im Archiv des kämtnerischen Geschichts­vereins in Klagenfurt;1 oder die Vereinbarung Herzog Rudolfs IV. mit den Landherrn vom 21. März 1359 betreffend die Einhebung des „Ungelts“ unter Verzicht auf den Brauch der Münzerneuerung: sie ist in zwei Origina­len im Stadtarchiv Wien und im Stadtarchiv Enns überliefert.1 2 Kaiserliche Privilegien wieder, wie Zunftordnungen, wurden zur Bestätigung immer wieder eingesandt und blieben dann oft im kaiserlichen Archiv. Wir überspringen zunächst die Gruppen Cannzleyhänndl und Rait- tungen und besprechen in einem die Abteilungen Juden bis Schluß. Die Urkunden dieser Abteilungen entstammen, wie schon das fast immer Vorgesetzte Wort „Partheyen“ erkennen läßt, den verschiedensten Fami­lienarchiven. Natürlich ist auch das herzoglich österreichische Archiv reich­lich vertreten: besonders die Abteilung Parteien gerichtshanndl enthält zahlreiche Kompromisse auf Herzog Albrecht III.; die Hauptmasse der Ur­1 Siehe E. v. Schwind und Dopsch, Ausgewählte Urkunden zur Verfassungsgeschichte der deutsch-österreichischen Erblande im Mittelalter, Nr. 52. Allerdings steht diese Urkunde nicht im „Putsch “, da das Exemplar des StA. ins Salzburger Domkapitelarchiv (Rep. XI) gehört. 2 Putsch, 4. Bd., fol. 43 ff.; v. Schwind-Dopsch a. a. 0. Nr. 103.

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