Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Klosterarchive von Walther Latzke

606 Die Klosterarchive. Ordens vornehmlich im 16. Jahrhundert bietet, daß dieser große Urkunden­schatz von Seiten des Ordens niemals eine gründliche Ordnung erfahren hat. Wohl wurden die Urkunden, wie es scheint, in sachlich geteilten Gruppen aufbewahrt, aber nie hat eine ordnende Hand die große Masse signiert und systematisch verzeichnet. Ja der wirtschaftliche Niedergang, der nach dem Tode Wolfgang Prantners immer greller zutage trat, hat wohl auch im Ordensarchiv nach und nach einen Zustand heilloser Unordnung erzeugt. Es entspricht nun ganz den Maßnahmen, die Ferdinand I. gegenüber dem Ordensvermögen ergriff, daß auch das Archiv in den Bereich der landes­fürstlichen Verfügungen gezogen wurde. So wenig aber dem König eine dauernde wirtschaftliche Sanierung der Ordensgüter gelang, so muster­gültig ist damals das Archiv geordnet worden. Denn der Mann, den der König mit dieser Aufgabe betraute, war kein Ge­ringerer als Wilhelm Putsch, der erste moderne österreichische Staatsarchivar, der Verfasser der großen landesfürstlichen Schatzgewölbe­register von Innsbruck und Wien.1 Schon drei Jahre nach dem Tode Wolfgang Prantners war ein Teil des Ordensarchivs aus Millstatt nach Wien gebracht und bei der niederöster­reichischen Kammer verzeichnet worden. Es waren dies vor allem Archi­valien aus den Privatarchiven der drei Hochmeister und über die in Nieder­österreich gelegenen Ordensgüter, vor allem über Petronell und Traut­mannsdorf. Über diese Archivalien entstand schon am 7. Juli 1544 von der Hand der Kammersekretäre Hirsch und Zogel ein „Inventary über die brief von Mulstat“.2 Das Inventar besteht aus zwei Teilen, in denen ohne jede Rücksicht auf chronologische Ordnung die Urkunden und Akten­bündel in der Reihenfolge, in der sie in ihren (Millstätter) Behältnissen lagen, mittels kurzer Regesten verzeichnet wurden. Der erste Teil, wahrschein­lich von Hirsch verfaßt, beschreibt folgende Behältnisse: den „sakh no. 2“, die „scatl“ no. 7, 10, 12, 14, 15 und ein „truchl“, die im wesentlichen die Hauptmasse der drei Hochmeisterarchive umfassen. Der zweite Teil, wahr­scheinlich von Zogel und Hirsch verfaßt, beschreibt den „sackh no. 1“ mit den Urkunden und Akten über Trautmannsdorf und Petronell. Soweit die hier verzeichneten Originalurkunden erhalten sind, tragen sie vom Schreiber des ersten Teiles des Inventars, also wahrscheinlich Hirsch, kurze Dorsual- vermerke, bestehend aus einem Schlagwort und der Jahreszahl. Auf der letzten Seite trägt das Inventar ein Rubrum von der Hand Ilirschs „Inven- tari über hochmaisterisch brie f“, darunter aber steht folgender interessanter Vermerk: „Nota, dise hierinvermelte brief ligen nit disem inventari gemäß, sondern in ainer andern Ordnung, vermüg aines beson- dern registraturpüechls über die hoch maisterischen brief, per Putschen und Schwein hambl drüber auf- gericht.“ Der Schreiber dieses Vermerks ist wahrscheinlich Schwein- hämbl. 1 Über Wilhelm Putsch vgl. Otto Stowasser, Das Archiv der Herzoge von Österreich. Mitteilungen des deutschösterr. Archivrates III/l (1919). — Franz Hüter, Wilhelm Putsch, Versuch einer Lebensskizze. Historische Blätter VII (1937), S. 89ff. — Paul Kletler, Die Urkundenabteilung, oben S. 13ff., 69ff. 2 StA., Osten-. Akten, Kärnten, Fasz. 12.

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