Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Klosterarchive von Walther Latzke

Geschichte einzelner Klosterarchive: Wien: Königskloster. 555 Zwangsverkäufen und Verpfändungen genötigt.1 Zudem ging der Konvent an Zahl immer mehr zurück. Als 1573 nur mehr die Äbtissin Petronilla Haiderin übrig war, ordnete Kaiser Maximilian II. am 28. Dezember dieses Jahres ihre Versetzung nach St. Bernhard an. Dieses Kloster, das bereits am 20. Okt. 1572 als erloschen neben Erla, Schlierbach und Traunkirchen dem Prälatenstand unter und ob der Enns verpfändet worden war, sollte unter der Leitung Petronillas einen neuen Konvent erhalten. Als Ent­schädigung für St. Bernhard überließ der Kaiser das Kloster Ybbs dem Prälatenstande.1 2 In dessen Namen führte Abt Matthias von Baumgarten­berg die Administration. 1581 übernahm der Abt Matthias Keller von Säusenstein die Verwaltung des öden Klosters und eines Teiles seiner Güter.3 Andere Güter waren schon 1577 vom Prälatenstand mit Zustim­mung des Kaisers an Ferdinand von Concin verpfändet worden, 1594 ver­pfändete sie Rudolf II. an seinen Kammerdiener Hans Popel.4 Von dessen Erben ließ sie Erzherzog Matthias als Statthalter am 2. Okt. 1599 durch die Hofkammer einlösen und übergab sie dem Königskloster. Am 1. November desselben Jahres befahl er auch dem Abt Johann Neuner von Säusenstein, die von ihm administrierten Güter und das Klostergebäude an das Königs­kloster zu überlassen. Der Abt verweigerte jedoch die Überlassung an einen fremden Orden und der Abt von Zwettl, Ulrich Hackel, legte als Visitator des Zisterzienserordens dagegen Verwahrung ein. Es bedurfte eines nochmaligen scharfen Mandats des Erzherzogs vom 26. Mai 1601 so­wie einer Intervention bei Rudolf II., bis er sich fügte und am 28. Juni 1601 die Übergabe an die Klosterratskommissäre Andreas Prudentius und Anton Capeller vollzog. Nunmehr konnten die Güter und das Kloster von dem Hofmeister des Königsklosters, Michael Schreckinger, übernommen wer­den.5 Das Ybbser Klostergebäude wurde von den Klarissen am 6. Juli 1631 mit kaiserlicher Genehmigung den Franziskanern überlassen.6 Das Königskloster hat hinfort bis 1782 keine tiefgreifenden Verände­rungen mehr erlebt. Das Klosteraufhebungspatent Josephs II. von 12. Ja­nuar dieses Jahres machte seinem Dasein ein Ende. Am 22. Januar vollzog Johann Friedrich Freiherr von Buol als landesfürstlicher Kommissär die Aufhebung.7 -------------­Au s dem soeben Dargelegten geht hervor, daß das Archiv des Königs­klosters sich aus drei Teilen zusammensetzen mußte, den alten Archiven der Klöster Erla und Ybbs und dem eigentlichen Archiv des Königsklosters seit 1582. Dank der erhaltenen Quellen läßt sich der Zustand der beiden alten Archive zur Zeit des Erlöschens ihrer Klöster deutlich erkennen und 1 Héyret, Ybbs, S. 47—49. * nöLA., Klosterakten 348 (Klosterrat: Ybbs); vgl. Friedrich Endl, Das ehemalige Cistercienserinnen-Kloster zu St. Bernhard bei Hora. — Blätter des Vereins für Landes­kunde von Niederösterreich, XXVI (1892), S. 242f. 3 Jahresangabe aus dem Mandat des Erzh. Matthias an die Klosterratskommissäre von 1601 Mai 26. 4 nöLA., Klosterakten 348. 5 Diese und die folgenden Angaben aus nöLA., Klosterakten 348; StA., Hs. Böhm Suppl. 145, fol. 1—13 und Suppl. 133, fol. 1—15. 6 Starzer, Ips, S. 490. 7 Datum entnommen dem bei der Aufhebung angelegten Hauptinventar, UA., Stiftungs- hofbuchhaltung 74/2 b 1.

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