Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Klosterarchive von Walther Latzke
Geschichte einzelner Klosterarchive: Wien: Jesuiten, Profeßhaus. 551 Der Rest des Prokuraturarchivs (Stiftbriefe und Testamente) hatte bis vor kurzem das gleiche Schicksal wie die Archivalien des Probhauses St. Anna (vgl. oben S. 545). Erst 1937 hat es der Verfasser unternommen, sie aus den Faszikeln 1—66 der Abteilung Österreichische Akten, Geistliches Archiv auszusondern und als eigenen Bestand „Wien-Jesuiten, Profeßhaus (Provinz)“ aufzustellen. b) Das Archiv des Profeßhauses. Es enthielt wahrscheinlich die seit 1625 erwachsenen Korrespondenzen der Präpositi, Rechnungen, Personalakten, Mitgliederlisten, Berichte u. dgl. Von all dem ist nichts auf uns gekommen. Wien — Königskloster. Klarissenkloster zu Unserer Lieben Frau und Allen Engeln. Unter den neuen Klostergründungen, die im Zeitalter der Gegenreformation in Wien entstanden, ist das älteste und bedeutendste Frauenkloster das der Klarissen im „Königlichen Neustift zu Unserer Lieben Frau und Allen Engeln“, gewöhnlich kurz Königskloster (Königinkloster, Königliches Kloster) genannt. Seine Gründerin ist Elisabeth, Witwe König Karls IX. von Frankreich, Tochter Kaiser Maximilians II. Nach dem frühen Tode ihres Gatten nach Österreich zurückgekehrt, gedachte sie ihr Leben in frommer Zurückgezogenheit zu beschließen. Zugleich faßte sie den Entschluß, in Wien ein neues Frauenkloster des Klarissenordens zu gründen.1 Ihr ursprünglicher Plan, das ehemalige Klarissenkloster St. Anna wiederherzustellen, scheiterte am Widerstande der Jesuiten (die die Güter dieses Klosters seit 1573 in Nutzgenuß hatten) und ihrer Gönner am Hofe Rudolfs II.1 2 So entschloß sich Elisabeth zu einer völligen Neugründung. Zu diesem Zwecke erkaufte sie von ihrem Oheim Erzherzog Karl dessen im heutigen Gebiet zwischen Josefsplatz, Dorotheergasse, Stallburggasse und Bräunerstraße gelegenen Palast samt Hof und Garten. Dieser Kauf wurde am 1. Okt. 1582 abgeschlossen;3 die Vorverhandlungen scheinen jedoch schon Anfang 1582 beendet gewesen zu sein, denn schon am 5. März 1582 konnte auf dem Gartengrunde an der Dorotheergasse die feierliche Grundsteinlegung der Klosterkirche stattfinden.4 Die von der Kanzlei Elisabeths über diesen Akt ausgestellte Urkunde ist als Gründungsurkunde des Klosters anzusprechen. Am 2. Okt. 1583 wurde die Klosterkirche eingeweiht. Schon am 27. Okt. 1582 waren die ersten Nonnen aus dem Kloster Anger in München nach Wien gekommen.5 Das Königskloster war ein ausgesprochenes Adelskloster. Seine Nonnen standen unter strengster Klausur. Die Gründerin wußte ihrer Stiftung 1 Richard Müller, Wiens räumliche Entwicklung und topographische Benennungen (Geschichte der Stadt Wien, herausgegeben vom Altertumsvereine zu Wien, IV), S 366 ff. 2 Walther Latzke, Das Ende des Wiener Frauenklosters St. Anna. Historische Blätter 1937, S. 113. 3 Jahrbuch der Kunstsammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses XIII, Reg. Nr. 9262. 4 Original, StA., Fam. Urk. Nr. 1427. 5 Müller, S. 368.