Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Klosterarchive von Walther Latzke
Geschichte einzelner Klosterarchive: Wien: Jesuiten, Profeßhaus. 547 legiums P. Raphael Cobenzl. Das Profeßhaus war eine große Missionsanstalt; es besaß keinerlei Güter, seine Mitglieder mußten von Almosen leben.1 Am 10. Sept. 1773 wurde es aufgelöst. Von allen Beständen der Wiener Jesuitenarchive sind die Archive des Profeßhauses weitaus am schlechtesten erhalten, ja wir verfügen eigentlich nur mehr über ganz spärliche Reste. Da zudem auch nahezu keine Archivkataloge vorhanden sind, muß sich die Darstellung mit einigen wenigen Andeutungen begnügen. a) Das Archiv des Provinzials und des Prokurators der österreichischen Jesuitenprovinz. Am Sitze des Provinzials mußten sich seit 1563 vor allem die Korrespondenzen der Ordenshäuser mit der Provinzzentrale, die Korrespondenzen des Provinzials mit dem Ordensgeneral, mit der Kurie, mit dem Kaiserhofe, mit weltlichen und kirchlichen Behörden, die Akten über die Bestellung der Rektoren, die Versetzung der Patres usf. ansammeln. Von all dem ist uns so gut wie nichts erhalten. Als die einzigen Reste des Provinzialarchivs im engeren Sinne müssen wir die Reihe der Litterae annuae provinciae Austriae, eine Sammlung der jährlich an den Provinzial eingesendeten Tätigkeitsberichte der Vorstände der einzelnen Ordenshäuser, sowie eine Anzahl von Personalstandsverzeichnissen (Catalogi) ansprechen.2 Daneben hat sich noch eine verschwindend kleine Anzahl von Korrespondenzen erhalten.3 Der Grund des völligen Fehlens anderweitiger Archivalien, vor allem fast der ganzen hochinteressanten Ordenskorrespondenz, ist darin zu suchen, daß der größte Teil dieses Archivs am 5. Juli 1780 von den niederösterreichischen Kommissaren der Vernichtung preisgegeben wurde. Etwas besser, wenngleich schlecht genug, sind wir über den zweiten Teil des Provinzarchivs, das des Provinzialprokurators, unterrichtet. Hier ist es immerhin möglich, einen Hauptteil des Bestandes mit seiner Einteilung zu rekonstruieren. Der Provinzialprokuratur oblag die oberste Leitung der Finanzverwaltung der Ordensprovinz. So bildete den Hauptstock ihres Archivs eine umfangreiche Sammlung, die die Urkunden über die Stiftungen und andere wichtige Einkunftsquellen der einzelnen Ordenshäuser teils in Original, teils in Abschrift enthielt. Über die ungarischen Betreife dieses Bestandes gibt uns das noch erhaltene „Inventarium Archivii: scripta in Procuratoria Provinciae Societatis Jesu, quae concernunt collegia, domos, residentia« et missiones in Ungaria“4 Aufschluß. Das Inventar über die österreichischen Ordenshäuser ist verlorengegangen. Die Einteilung des ungarischen Inventars gestattet es jedoch, den Ordnungsaufbau des ganzen Bestandes wiederzuerkennen. Er gliederte sich in 45 Laden, von denen 1—36 das Material über die Kollegien (in alphabetischer Reihenfolge), 37—45 das über die Residenzen und Missionen enthielten. Die Einteilung sah folgendermaßen aus (die Namen in eckiger Klammer sind unter Zuhilfenahme der Überschriften in den „Litterae An1 Ebendort, II/l, S. 320f. 2 Nationalbibliothek Wien, Handschriftenabteilung. 3 StA., Klosterakten, Jesuiten in Wien, Profeßhaus, Fasz. 1. 4 Ebendort. 35*