Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Klosterarchive von Walther Latzke
Freiherrn Hugo Joseph von Waldstütten, am 30. März 1780, zog ohne Zweifel die Auslieferung einer Anzahl von Stücken der Abteilung „Nußdorf“ nach sich;1 immerhin blieb noch ein erheblicher Teil zurück. Die Zerstörung des größten Teiles der Jesuitenarchive am 5. Juli 1780 scheint das Archiv des Probhauses nicht so sehr getroffen zu haben. Was davon noch übrig war, kam im Juli 1780 in die niederösterreichische Regierungsregistratur. Am 29. März 1783 verkaufte die Kameraladministration den Zehent zu Vösendorf an das Erzbistum Wien; die Folge war die Abtretung von sieben Stücken der Abteilung „Siebenhirten“;2 das gleiche geschah mit 98 Stücken der Abteilung „Hinterstorf“, als dieses Gut am 1. Mai 1783 an Jakob Geyer, Pfarrer von Patzmannsdorf, für seine minderjährigen Vettern Nikolaus Anton, Ignaz und Matthias Geyer verkauft wurde.3 Beim Verkauf des Hauses zu Weidling an Christian Marner, am 17. April 1784, wurden wahrscheinlich verschiedene Stücke der Abteilung „Weidling“ ausgeliefert.4 Den empfindlichsten Verlust erlitt der Archivbestand jedoch anläßlich des Verkaufes der Staatsherrschaft Mauer, die am 14. Jan. 1790 von dem Hofjuwelier Franz Edlen von Mack erworben wurde. Da damals auch die Güter des Benefiziums St. Andreae mit verkauft wurden, kam es zur Auslieferung sämtlicher diese Stiftung betreffenden Stücke an den Käufer. Am 7. Mai 1790 erhielt der Registratursdirektor der niederöster- reichischen Regierung, Franz von Wallenfeld, den Auftrag zur Abtretung der Archivalien; elf Tage später wurde die Auslieferung vollzogen. Auch die Registratur der Staatsgüteradministration trat damals alle einschlägigen Akten und Geschäftsbücher ab. Damit gingen die alten Archivabteilungen „Mauer“ und „Mutmannsdorf“ mit ihren bis ins 14., bzw. 15. Jahrhundert zurückreichenden Beständen für immer verloren; sie sind heute spurlos verschollen.5 In den Jahren 1785—1788 waren die Restbestände der niederösterreichischen Jesuitenarchive, soweit sie in die Regierungsregistratur überbracht worden waren, unter Leitung Franz von Wallenfelds vollkommen neu geordnet worden. Dieser Neuordnung war die alte sinnvolle Einteilung der Archive restlos geopfert worden. Die Archivalien des Probhauses lagen hinfort unter den anderen jesuitischen Provenienzen zerstreut in den verschiedenen Faszikeln des Jesuitenarchivs; in der gleichen Weise waren sie in den „Jesuiten-Index“ eingetragen. In diesem Zustand kamen sie 1844 an das StA. Seit der Neuaufstellung des Jesuitenarchivs in der Abteilung österreichische Akten, Geistliches Archiv, waren sie in 36 verschiedenen Faszikeln verteilt; jede Kenntnis ihrer Provenienz war untergegangen. Mit Hilfe des alten, von Donner kopierten Archivverzeichnisses unternahm es der Verfasser im Jahre 1928, die erhaltenen Stücke des Probhauses auszuscheiden und ihre alte, 1780 zerstörte Ordnung wiederherzustellen. Sie umfassen heute sieben Faszikel und sind als Bestand: Wien - Jesuiten, Probhaus St. Anna, der Abteilung Klosterakten aufgestellt. 1 Ebendort, Fasz. 32: Nr. 17 ex Maj. 1780. 2 Ebendort, Fasz. 53: Nr.7 St. Anna/1783. s Ebendort, Nr. 3 St. Anna/1783. 4 Ebendort, Nr. 26 St.Anna/1784. 5 StA., nö. Kameralgefällen Verwaltung: Mauer, Nr. 27172/2113/1837. Geschichte einzelner Klosterarchive: Wien: Jesuiten, Probhaus St. Anna. 545 Inventare des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Bd. 6. 35