Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Klosterarchive von Walther Latzke
538 Die Klosterarchive. missär für das Collegium Academicum ernannt. Dieser übernahm kurz darauf das Archiv für den Staat und legte es unter Sperre. Anfang 1774 nahm es der Kameraladministrator Nikolaus Graf Falkenhain, der seinen Sitz im Collegium Academicum auf schlug, in Verwahrung. Die weiteren Schicksale des Archivs wurden bereits im I. Teil, Kap. 1 (S. 324 ff.) geschildert. TTier soll nur noch ein flüchtiger Überblick über die Verluste gegeben werden, die das Archiv in der Zeit von 1775—1790 anläßlich des Verkaufes ehemaliger Güter des Collegium Academicum erlitten hat. Schon am 15. März 1775 wurden von der Administration neun Stücke Stiftbriefe der Universitätskirche (1638—1768) an die niederösterreichische Regierung zwecks Abtretung an die Stiftungshofbuchhaltung ausgeliefert.1 Über Dekret der Regierung vom 7. Mai 1777 erstattete der Wirtschaftsdirektor Holzmeister am 12. Mai einen Bericht über die bei der Wirtschaftsdirektion erliegenden Schriften über das sogenannte „große Jesuitenhaus“, das dem Hofrat und Geh. Kammerzahlmeister Adam von Mayr verkauft worden war. Mit Dekret vom 15. Mai 1777 verordnete die Regierung die Auslieferung dieser fünf Stücke (1627 bis 1754) an den Käufer.1 2 Am 22. Jan. 1779 wurden anläßlich des Abverkaufes der Untertanen zu Markgrafneusiedel an die Hofspitalsherrschaft Wölkersdorf die bezüglichen Archivalien an das dortige Verwalteramt ausgeliefert.3 Am 28. Mai 1779 wurde der Wirtschaftsdirektion die Abtretung der auf die Engelburg zu Mauer bezüglichen Stücke an das General-Militärkommando, das das Gebäude als Kaserne übernahm, befohlen.4 Der am 9. Juni 1780 vollzogene Verkauf des Gutes und Freihofes zu Tresdorf an den Hofrat Joseph von Koller brachte dem Archiv den Verlust von 93 Stück (1616—1779) Urkunden, Akten usw. Die in der Kanzleiregistratur der Wirtschaftsdirektion verwahrten 94 Grundbücher usw. (1382—1750) und 222 Stück Akten über die Herrschaft Mauer (1627—1769) wurden am 20. Juli 1780 dem Verwalteramt Mauer übergeben. Was bei der mutwilligen Zerstörung der „unbrauchbaren“ Jesuitenarchivalien am 5. Juli 1780 alles an Archivalien des Collegium Academicum zugrunde gegangen ist, läßt sich nicht sagen.5 Wohl aber können wir einen anderen schweren Verlust ganz genau feststellen, die Auslieferung aller Archivalien, die die Herrschaft Mauer betrafen. Während die Mauerer Betreffe der Kanzlei- und Grundbuchsregistratur, wie bereits erwähnt, schon am 20. Juli 1780 nach Mauer gebracht worden waren, waren die Mauerer Stücke des Archivs nach dem 5. Juli 1780 mit den übrigen erhaltenen Jesuitenarchivalien in die niederösterreichische Regierungsregistratur gekommen und dort in den Jahren 1785—1788 unter Leitung Wallenfelds von Andreas Albrecht inventarisiert worden (vgl. oben S. 334). Als nun am 14. Jan. 1790 der Hofjuwelier Franz Edler von Mack die Herrschaft Mauer kaufte, erhielt er nicht nur im Mai 1790 sämtliche Archivalien der 1 StA., nö. Kameraladministration, Fasz. 4, Nr. 9 ex Mart. 1775. 2 Ebendort, Fasz.15: Nr.20 ex Juni 1777; Wallenfeld’scher Index M 374 (A 1556—1560). 3 Ebendort, Fasz. 24: Nr. 24 ex Jan. 1779. 4 Ebendort, Nr. 17 ex Jan. 1779. ä Vgl. oben S. 329 ff.