Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Klosterarchive von Walther Latzke
482 Die Klosterarchive. Verwaltung leitete die niederösterreichische Kameraladministration (Staatsgüteradministration) . Die erste heute noch deutlich erkennbare Ordnung des Mauerbacher Archivs fällt an den Anfang des 15. Jahrhunderts, wahrscheinlich in das Jahr 1407. Denn bis zu diesem Jahre tragen die erhaltenen Urkunden auf der Rückseite, meist rechts unten, Ordnungszeichen, bestehend aus einer gotischen Minuskel und einer römischen Ziffer, alle von derselben Hand mit hellbrauner Tinte geschrieben. Der Urkundenbestand ist in vier Serien zerlegt: Serie a enthält Privilegien und Indulgenzen der Päpste und der Bischöfe von Passau, Serie b Privilegien und Bestätigungen der Landesfürsten, Serie c Urkunden über die Besitzungen in Niederösterreich ohne Wien und Umgebung, Serie t> über die Besitzungen in und um Wien. Diese Ordnung ist auf einigen späteren Stücken von jüngeren Händen weitergeführt, doch reicht sie über das Jahr 1419 nicht hinaus. Eine mit dieser Ordnungsbezeichnung versehene Urkunde vom 20. Febr. 1432 ist ein ganz vereinzelter Nachzügler. Die zweite erkennbare Ordnung des Archivs fällt in das Jahr 1437. Damals hat man anscheinend ein (heute verlorengegangenes) Urkundenrepertorium angelegt, in das die Stücke in ziemlich ausführlichen lateinischen Regesten eingetragen wurden. Diese Regesten finden wir auf nahezu allen Urkunden bis 1437.1 (Auf der Gründungsurkunde Friedrichs des Schönen ist dieses Regest nicht eingetragen. Die Regesten stehen fast alle links oben auf der Rückseite der Urkunden und sind zumeist von der gleichen Hand mit einer Tinte geschrieben, die heute hellbraun oder grünlich verfärbt ist. Wahrscheinlich wurden damals die Urkunden chronologisch geordnet und verblieben in dieser Ordnung das ganze 15. Jahrhundert hindurch. Die bewegten Zeiten des 16. Jahrhunderts haben ohne Zweifel auch das Archiv in Mitleidenschaft gezogen. Als beim Herannahen der Türken die Mehrzahl der Mönche nach Wien floh, nahmen sie wahrscheinlich auch das Archiv mit und brachten es im S e i t z e r h o f in Sicherheit. Nach der Wiederherstellung der Kartause muß das Archiv jedoch dahin zurückgelangt sein, denn als 1544 die Klostervisitatoren Ferdinands I. nach Mauerbach kamen, legte ihnen der Prior die wichtigsten landesfürstlichen Privilegien vor.2 Der tiefe Verfall der Kartause in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts brachte ohne Zweifel auch das Archiv in völlige Unordnung. Erst der allmähliche Wiederaufstieg Mauerbachs nach 1598 wirkte sich auch für die Ordnung des Archivs günstig aus. Die Urkunden kamen nun dauernd in den Seitzerhof nach Wien und blieben dort bis zur Aufhebung der Kartause. Bald nach 1600 wurden sie vollkommen neu geordnet. Der damals etwa 350 Stück umfassende Bestand wurde mit kräftigen arabischen Ziffern in schwarzer Tinte numeriert, jedoch nicht chronologisch, sondern so, daß bestimmte Zahlenräume bestimmten Urkundengruppen entsprachen. Wenngleich sich das Einteilungsprinzip im einzelnen nicht mehr genau feststellen läßt, so können wir doch erkennen, daß die päpstlichen, Vgl. unten die Anmerkung zur Beilage. 2 StA., Hs. Böhm 445/2, f. 487 f.